Die Warteschlangen zogen sich kreuz und quer über den Vorplatz des Terminals 2, und zwar zum wiederholten Male (hier ein Foto vom vorvergangenen Montag) © Höß
München – „Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens kann es in Spitzenzeiten derzeit zu längeren Wartezeiten kommen.“ Dieser Warnhinweis findet sich auf der Homepage des Flughafens München – nicht ohne Grund. Erneut gab es am Airport vor dem Terminal 2 am Donnerstag lange Warteschlangen, warteten tausende Passagiere teils zwei Stunden oder länger auf den Sicherheits-Check. Die Warteschlange war nach Schätzung von Reisenden bis zu drei Kilometer lang und hatte ähnliche Ausmaße wie am vorvergangenen Montag (wir berichteten), nach Angaben der Lufthansa verpassten schließlich 750 Passagiere ihren Flug und mussten umgebucht werden. Der Feiertag kombiniert mit dem langen Wochenende und der Wiesn ließen das System der Sicherheitskontrollen offenbar erneut kollabieren.
Es hagelte deftige Kommentare im Netz. Auch politische Stimmen wurden laut. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte, er könne „mit der derzeitigen Performance des Münchner Flughafens überhaupt nicht zufrieden sein. Das weiß ich auch aus eigener Erfahrung, wenn ich mal wieder länger als eine Stunde auf mein Gepäck warten muss. Es ist höchste Zeit, dass wir wieder auf das echte Niveau eines 5-Star-Airports kommen.“ Hans Theiss, Vizechef der CSU-/FW-Fraktion im Münchner Rathaus, sprach gar von „beschämenden Szenen“. Und ätzte: „Vielleicht sollte sich die Flughafen GmbH wieder mehr auf ihr Kerngeschäft als auf die Planung und den Bau irgendwelcher Eventhallen konzentrieren.“
Der Groll bei den Airlines ist groß. Der Chef der Lufthansa-Gruppe, Carsten Spohr, soll auf einer Mitarbeiterversammlung sogar vom „schlechtesten Flughafen Europas“ gesprochen haben. Das wurde am Freitag von Lufthansa CEO Jens Ritter dementiert. Aber die Ansage ist trotzdem deutlich: „Wir müssen zeigen, dass München zu Recht Auszeichnungen bekommen hat“, sagt Ritter am Freitag bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz. Die Lufthansa ist der Premiumpartner des Airports, ist am Terminal 2 über ein Joint Venture beteiligt. Vor allem die Sicherheitskontrollen stehen im Fokus. Eine erste Analyse zeige ein „ungewöhnliches Ankunftsverhalten“ der Passagiere, sagt Flughafen-Chef Jost Lammers. Am Donnerstag seien viele Fluggäste offenbar direkt nach dem Auschecken vom Hotel zum Flughafen gefahren, teils sechs bis acht Stunden zu früh. Dabei sind maximal drei Stunden ratsam. Dadurch waren die Sicherheitskontrollen überlasten, sagt Lammers. Doch er wolle die Schuld nicht auf die Reisenden abwälzen. Die Situation am Donnerstag entspreche „in keinster Weise unserem eigenen Anspruch“.
Als Ad-hoc-Maßnahme sollen jetzt die Checks für die täglich etwa 1000 Passagiere von Lufthansa Discover auf das Terminal 1 verlagert werden, „vorerst bis Montag oder Dienstag“, wie Ritter sagte. Matthias Dohse, Chef der Sicherheitsfirma SGM mit 1400 Mitarbeitern, kündigte eine Verstärkung an den CT-Scannern an. „Wir suchen auch laufend Personal.“ Dieses muss allerdings auf neue Technik geschult werden, denn die herkömmlichen Röntgengeräte zur Handgepäckkontrolle werden nach und nach durch Computertomographen ersetzt. Acht CT-Scanner sind in den Terminals 1 und 2 schon installiert, weitere sollen folgen. Dabei können bis zu vier Passagiere gleichzeitig ihr Gepäck auflegen. Es sollte also schneller gehen.
Allerdings befindet sich das Terminal 2 derzeit im Umbau. Der Flughafen warnt auf seiner Homepage, derzeit sei die Wegeführung für Passagiere geändert. „Zudem ist die Zahl der Kontrollspuren teilweise reduziert.“ es könne „dadurch zu längeren Wartezeiten an der Sicherheits- und Passkontrolle kommen“.
In der Vergangenheit schmückte sich der Flughafen gerne mit Preisen, nannte sich „Five-Star-Airport“, eine Auszeichnung, die das Luftfahrtinstitut Skytrax vergibt. Jetzt häufen sich die schlechten Nachrichten. Neben Warteschlangen und Kofferchaos war während der Sommerferien auch die Zahl der Verspätungen in München erstaunlich hoch– nach einer Auswertung des Flugrechte-Portals Flightright erreichten über 45 Prozent der Abflüge den Zielort mit mehr als 15 Minuten Verspätung. Unter 30 europäischen Flughäfen ist das der vorletzte Platz. Auch wenn die Verspätungen im September wieder abgenommen haben, wie ein Flightright-Sprecher sagt: Die Ansprüche des Flughafen sind andere.
DIRK WALTER, THOMAS GAUTIER