Heimatliebe auf Blech

von Redaktion

Professor schlägt neue Kfz-Kennzeichen für 320 Städte vor

VAT stattt EBE: Das würde dem Vaterstettener Bürgermeister Leonhard Spitzauer auf seinem Kennzeichen gut gefallen.

Ralf Bochert wünscht sich neue Kennzeichen für mittelgroße Städte: Zum Beispiel Buchholz, Idar-Oberstein, Ratingen oder Winnenden. Für Bayern hat er 18 Vorschläge vorgelegt. © privat

München – Ralf Bochert ist Professor für Destinationsmanagement an der Hochschule Heilbronn. Und er hat einen Vorschlag vorgelegt, der für 320 Städte in Deutschland mehr Individualität bedeuten würde: eigene Ortskennungen auf den Autokennzeichen. „Damit könnten viele Kommunen ihre lokale Identität stärken – nach innen und nach außen“, sagt Bochert. Und das, ohne dass ihnen Kosten entstehen. Natürlich weiß Bochert, dass viele Städte gerade vor größeren Herausforderungen stehen. „Aber hier geht es ausnahmsweise mal ums Herz, um Identifikation und Heimat.“ Er ist überzeugt: In der Bevölkerung gibt es einen großen Wunsch nach mehr lokaler Verortung.

Den Beweis dafür liefert aus seiner Sicht die Wiedereinführung der Alt-Kennzeichen. Autofahrer, die in Kommunen wohnen, deren Buchstaben-Kombination auf dem Kennzeichen bei Gebietsreformen oder Landkreisfusionen abgeschafft worden waren, können seit 2012 wieder die alten Kfz-Kürzel bekommen. Die Länder mussten dafür die Wiedereinführung beim Bund beantragen. So sind in den vergangenen zwölf Jahren weit mehr als 300 Alt-Kennzeichen in Deutschland wieder auf den Straßen unterwegs. In Bayern zum Beispiel WOR für Wolfratshausen oder SOG für Schongau. Laut Bochert sind auf deutschen Straßen rund fünf Millionen Fahrzeuge mit Alt-Kennzeichen unterwegs. Komplett neue Ortskennungen sind allerdings bisher nur in Sonderfällen möglich.

Um das zu ändern, hat der Uni-Professor nun einen Vorschlag ausgearbeitet – inklusive Liste von allen mittelgroßen Städten mit mehr als 20 000 Einwohnern, die ein eigenes Kennzeichen bekommen könnten. In Bayern wären das 18. Bochert hat auch Kürzel-Vorschläge mitgeliefert. Zum Beispiel Karlsfeld (KFD), Haar (HAA), Germering (GMR) oder Unterschleißheim (USH). Diese Städte sind aus Bocherts Sicht beim Marketing benachteiligt. Der Prozess, um ein eigenes Kennzeichen zu bekommen, sei recht einfach, erklärt er: Ein Land muss zunächst beim Bundesverkehrsministerium eine Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung beantragen. Die muss dann noch durch den Bundesrat. „Im Prinzip muss man nur zwei Sätze streichen und ergänzen, dass weitere Kennzeichen möglich sind. Dann ist das Ding durch.“ Wenn neue Kennzeichen weder bereits genutzt, noch sittenwidrig sind, werden sie im Bundesanzeiger veröffentlicht und könnten vergeben werden. Vor Ort wäre dafür lediglich ein Kreistagsbeschluss nötig. Es ist also eine kostenlose Möglichkeit, die Kommunen nutzen können, wenn sie das wollen, betont er. Für viele Städte würden sie auch mehr Sinn machen. Herzogenaurach zum Beispiel. Bochert schlägt HZA vor. Bisher haben die Autofahrer dort ERH für Erlangen-Höchstadt auf den Kennzeichen stehen.

Kritik zu dem Vorstoß kommt vom Deutschen Landkreistag. „Es gibt wesentlich dringlichere Probleme, Herausforderungen und Zukunftsfragen für unsere Land“, betont der Präsident Achim Brötel (CDU). Ja, die gibt es, sagt auch Ralf Bochert. „Aber das Argument killt alles. Dann könnten die Städte nie etwas für ihr Marketing machen.“

Mehr Rückenwind bekommt er von der Bundesregierung: Man stehe dem Wunsch nach noch mehr lokaler Verortung durch entsprechende Kennzeichen positiv gegenüber, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Und auch von einigen Bürgermeistern habe er bereits positive Rückmeldungen bekommen, berichtet Bochert. „Sehr viele finden die Idee interessant.“ Einer von ihnen ist Leonhard Spitzauer aus Vaterstetten im Kreis Ebersberg. Der CSU-Politiker würde auf seinem Auto-Kennzeichen zu gerne VAT statt EBE stehen haben. „Das ist eine hervorragende Möglichkeit, unsere Identität weiter zu stärken – ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand“, findet Spitzauer. Er will dieses Thema noch im Oktober in seinem Gemeinderat besprechen. Und er hofft, dass viele Amtskollegen das ebenfalls tun, damit die Staatsregierung eine Änderung der Verordnung beantragt. Auch der Haarer Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) hat sich bereits positiv geäußert.

Uni-Professor Ralf Bochert würde selbst von der Idee übrigens nicht profitieren. Er lebt in Stuttgart, für ihn wird es in jedem Fall bei dem S auf dem Kennzeichen bleiben.
KWO/AC/LBY

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