Wollen Bairisch schützen lassen (v.l.): Sepp Lausch, Heinz Schober-Hunklinger und Anthony Rowley. © dw
München – „Das ist keine parteipolitische Sache, sondern eine Herzenssache“, sagt Sepp Lausch. Der Abgeordnete der Freien Wähler aus Rosenheim hat an diesem Montag Nachmittag ins Bayernzimmer des Bayerischen Landtags eingeladen. Holzvertäfelt ist der Raum, Gemälde mit Wirtshausszenen hängen an den Wänden. In Wirtshäusern wird Bairisch gesprochen – und da ist man schon im Thema: Auf Anregung des Fördervereins Bairische Sprache und Dialekte (FBSD) möchte Lausch erreichen, dass Bairisch in der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen aufgenommen wird.
Die Charta gibt es seit 1992, sie wurde vom Europarat verabschiedet. Sprachen nationaler Minderheiten sind darin als schützenswert aufgeführt, etwa Katalanisch und Galizisch in Spanien oder Schottisch-gälisch in Großbritannien. In Deutschland ist Dänisch, Sorbisch, Friesisch und Niederdeutsch geschützt. Demnächst auch Bairisch? Lausch will das am heutigen Dienstag in der Fraktionssitzung vorschlagen. Er ist sich seiner Sache sicher. „Ich habe die volle Unterstützung von Florian Streibl und Hubert Aiwanger.“ Danach soll das Vorhaben mit der CSU abgestimmt und SPD und Grüne dafür gewonnen werden. Läuft alles glatt, wird die Staatsregierung offiziell per Landtagsbeschluss aufgefordert, über den Bundesrat einen Antrag einzubringen. Beschließen muss es letztlich der Bundestag.
Bairisch als eigene Sprache zu definieren – diese Idee ist nicht ganz neu. Schon 2014 wurden die Freien Wähler, damals in der Opposition, im Landtag vorstellig, scheiterten aber an der Ministerialbürokratie des Kultusministeriums. Die Beamten räumten dem Antrag wenig Chancen ein, außerdem waren die Professoren, bei denen sie Gutachten einholten, uneins, ob Bairisch wirklich eine eigene Sprache ist – oder vielleicht eher ein Dialekt.
Einer der Professoren war der damalige Leiter des Forschungsprojekts Bairisches Wörterbuch, Anthony Rowley, der damals skeptisch war, jetzt aber den neuen Vorstoß unterstützt. Er habe „das Gefühl“, dass „eine neue Generation“ von Bairisch-Sprechern herangewachsen sei. „Das hat mir Anlass gegeben, meine Meinung zu ändern.“
Der Bund Bairische Sprache, der in Konkurrenz zum FBSD steht, lehnt den Vorstoß ab. Vorsitzender Sepp Obermeier fordert eine Initiative nicht für Bairisch, sondern das umfassendere Südhochdeutsch. FBSD-Vorsitzender Heinz Schober-Hunklinger gibt sich unbeeindruckt. Dass es für Bairisch keine verbindliche Verschriftlichung gibt, sei auch kein Hinderungsgrund. Der Vereinschef wies darauf hin, dass es schon über 12 000 Unterschriften zur Unterstützung gebe, auch von „Promis“ wie Gerhard Polt, Georg Ringsgwandl und dem Bayerischen Trachtenverband. „Boarisch“, wie es in Altbayern gesprochen werde, habe „den gleichen Status verdeant“ wie etwa Niederdeutsch. Fränkisch und Schwäbisch könnten einst einen ähnlichen Schutzstatus erreichen, aber die dortigen Dialektpfleger seien für das Thema nicht so aufgeschlossen.
Über die praktischen Folgen einer Aufnahme in der Charta machte sich Sepp Lausch allerdings wenig Illusionen. Das habe wohl mehr symbolischen Charakter. Zweisprachige Ortstafeln zum Beispiel wolle er nicht. „Wir brauchen keine Südtiroler Verhältnisse.“ Professor Rowley wies darauf hin, dass die Charta gewissermaßen „ein Menü“ an Unterstützungsmaßnahmen anbiete, aus denen man auswählen könne. Das reiche bis hin zu zweisprachig ausgeführten amtlichen Dokumenten. Er halte das für nicht sinnvoll. Aber: „Bei der Ausbildung von Vorschulkräften etwa sehe ich ein Defizit.“