Jetzt amtlich: Deppen-Apostroph erlaubt

von Redaktion

Warum „Eva‘s Blumenladen“ kein Rechtschreibfehler mehr ist, der Jogurt aber schon

So wirbt ein Dönerladen in der Münchner Innenstadt. © Schlaf

Das geht gar nicht: „Trend Schuh‘s“ ist falsch, ob mit oder ohne Apostroph. © imago/Arnulf Hettrich

München – Feinschmecker der deutschen Sprache und Lordsiegelbewahrer der deutschen Rechtschreibung müssen jetzt ganz tapfer sein: Eva‘s Blumenladen, Rita‘s Haarexpress, Udo‘s Schlüsselservice – wer sich bisher an dieser doch offensichtlich irreführenden Verwendung des Apostrophs störte, hat jetzt schlechte Karten. Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat dem Apostroph in Eigennamen nun quasi höhere Weihen verliehen und in seinem Amtlichen Regelwerk für zulässig erklärt. Eine Woge der Empörung schwappt durchs deutsche Feuilleton – was Marco Gierke, Geschäftsführer des Rechtschreibrats, doch etwas verblüfft. Denn die Änderungen sind schon Anfang Juli erlassen worden – nur hat das damals offenbar kaum jemand mitbekommen.

In Eigennamen ist der Apostroph erlaubt

Genau genommen hat der Rechtschreibrat die Regeln für den Apostroph nur präzisiert. Eva‘s Blumenladen sei schon seit 1996 erlaubt gewesen, erläutert Gierke. Jetzt wurde eine Erläuterung hinzugefügt: „Die Verwendung des Apostrophs zur Abgrenzung des Genitiv-s bei Eigennamen ist möglich, wenn die Gesamtkonstruktion ein Eigenname ist.“ Es bleibe aber dabei: „Eva‘s Blumen sind schön“ sei weiter nicht korrekt.

Warum hat der Rat die Regeln überhaupt präzisiert? Offenbar ist den 41 Mitgliedern, unter ihnen Germanisten, aber auch Praktiker wie etwa der Nachrichtenchef der Agentur dpa, aufgefallen, wie häufig der Apostroph auf Firmenschildern auftaucht. Man habe sich gewissermaßen der Realität angepasst, sagt Gierke. So ähnlich sieht es auch Karlheinz Schoffs, Leiter der Fachgruppe Deutsch beim Bayerischen Philologenverband: Da der Apostroph bei Eigennamen so oft auftauche, würde das auch von Schülern als richtig interpretiert. Er sieht die Klarstellung des Rechtschreibrats entspannt als „Anpassung an den Alltag“. Deutschlehrer hätten jetzt jedenfalls einen Grund weniger, etwas als Rechtschreibfehler zu markieren.

Einen generellen Freibrief für den Deppen-Apostroph gibt es freilich nicht. Auf der Homepage Deppenapostroph.info hat ein Spezialist die verrücktesten Beispiele gesammelt. Der Apostroph feiert in zahlreichen unmöglichen Konstellationen fröhliche Urständ. „1. Mai Aufstellung des Haarer Maibaum‘s“, hieß es etwa vor einigen Jahren auf Plakaten. „Stark für‘s Leben“, so warb (ausgerechnet) eine Lerntherapeutin. In einem Münchner Elektronik-Discounter wurden „Handy‘s“ und „Actioncamera‘s“ angepriesen. „Aktuelle Info‘s“ anbei. Aua! All das, betont Marco Gierke vom Rechtschreibrat, bleibe natürlich weiterhin nicht erlaubt.

Gierke dementiert auch, dass der Deppen-Apostroph erst, wie öfter zu lesen, ab September 2025 gelten soll. Völliger Quatsch, alle Änderungen gelten seit der letzten Sitzung des Rechtschreibrats am 1. Juli, auf der das aktualisierte Amtliche Regelwerk mit dem neuen amtlichen Wörterverzeichnis verabschiedet wurde. Nach einer Anfrage unserer Zeitung recherchierte Gierke aber: Heraus kam, dass der Termin auf eine Mitteilung des Österreichischen Bundesverlags zurückgeht. Kein Witz: In Österreich gelten die Änderungen erst ab 1. September 2025.

Übrigens gab es noch sehr viel mehr Änderungen, die aber offenbar niemanden stören. Zahlreiche Anglizismen erhielten die höheren Weihen der Rechtschreibpäpste. Whatsappen, faken, liken – nun offiziell erlaubt. Auch Fakenews ist ab sofort gestattet, was keine Fake-News (auch erlaubt) ist! Und endlich erwärmte sich jemand für den Cappuccino – das Wort ist jetzt amtlich aufgenommen.

Bio-Jogurt ist was besonderes

Abgeschafft wurden aber kaum nachweisbare eingedeutschte Varianten fremdsprachlicher Begriffe wie Dränage, Exposee, aber auch Panter und Jogurt. Letzteren schreibt man mit h. Definitiv! Was den Andechser Premiumhersteller aber nicht davon abhält, unbeirrt weiterhin für seinen „Bio-Jogurt“ zu werben und Becher wie Gläser entsprechend zu etikettieren. Köstliche Begründung: „Unser Bio-Jogurt ist etwas ganz Besonderes, deshalb unterscheiden wir uns nicht nur beim Geschmack, sondern auch in der Schreibweise.“ Übrigens: Auch Schulbücher müssen korrigiert werden. Schulen und Verlage bekommen aber eine Übergangszeit bis Ende des Schuljahres 2027/28. Das beschloss die Kultusministerkonferenz.
DIRK WALTER

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