Farbspektakel über Frontenhausen in Niederbayern: Diese Aufnahme gelang Sebastian Lommer.
Eine besondere Nacht am Chiemsee: Jörg Salzer war die ganze Nacht mit der Kamera unterwegs.
Pinker Himmel über Wolfratshausen: Dieses Foto nahm Markus Schwab am Donnerstag um 20.32 Uhr auf.
München – Manchmal lohnt es sich, spät ins Bett zu gehen. In der Nacht auf Freitag hat sich der bayerische Nachthimmel leuchtend bunt gefärbt. In vielen Regionen waren in der Nacht auf Freitag Polarlichter zu sehen. Die gute Nachricht für alle, die das Spektakel verpasst haben: Es gibt noch mehr Chancen. Denn auf der Sonne ist gerade die Hölle los.
Sonnenstürme treten in einem Zyklus von elf Jahren auf. „Dabei polt sich das Magnetfeld der Sonne um“, erklärt der Astronomie-Experte Tobias Beuchert. Kleine Magnetfeldpakete werden weggerüttelt, machen sich auf den Weg zur Erde und transportieren die Ladung der Sonne mit. Durch spezielle Teleskope sind diese Sonnenflecken sogar sichtbar, erklärt Beuchert. Und ein paar Tage mit etwas Glück sogar mit bloßem Auge – in Form von Polarlichtern. Denn wenn die Gasteilchen der Sonne auf den Sauerstoff in der Luft treffen, entstehen die Farben. Aurora borealis lautet die Fachbezeichnung dafür. Am Nordpol sind die Polarlichter grün, weil an den Polen die magnetischen Felder der Erde schwächer sind und die Ladungen tiefer in die Erdatmosphäre eindringen können. Der bayerische Himmel war eher pink gefärbt. „In unseren Breitengraden ist das Erdmagnetfeld stärker“, erklärt Beuchert. In rund 200 Kilometern Höhe ist die Sauerstoff-Dichte geringer, so entsteht das pinke Leuchten.
Das Ganze passiert aber nur, wenn die geomagnetischen Stürme stark genug sind. Das waren sie bereits im Mai und auch schon in den ersten Oktobertagen. In der Nacht auf Freitag war außerdem der Einfallswinkel perfekt, erklärt der Experte. Je klarer die Nacht und je weniger künstliches Licht in der Umgebung ist, desto magischer leuchtet der Himmel. Wie spektakulär es wird, können die Astronomen meist erst kurz vorher sagen. Dank der Weltraum-Wetterdienst-Satelliten, die sich auf der Achse zwischen Erde und Sonne befinden. Sie vermessen die Sonnenwinde. Wenn viel Ladung der Sonne an ihnen vorbeischwappt, steigt die Chance auf einen magischen Nachthimmel auf der Erde (auf dieser Internetseite gibt es eine 30-Minuten-Vorhersage: https://www.swpc.noaa.gov/products/aurora-30-minute-forecast).
Ein Richtwert für einen nahenden Weltraum-Sturm ist der sogenannte Kp-Index, erklärt Beuchert weiter. Je höher der Wert, desto stärker ist das Erdmagnetfeld gestört und umso größer ist die Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in Europa. „Bei einem Wert von 5 oder 6 sind Polarlichter nur im Norden zu sehen. Am Donnerstag lag der Index bei 7.“ Und da liegt er auch jetzt noch. Auch in den kommenden Nächten könnte es also noch eine Chance geben, das bunte Spektakel am Himmel zu beobachten. „Auch in den nächsten Monaten werden wohl immer wieder mal Polarlichter in Europa zu sehen sein. Denn wenn auf der Sonne pures Chaos herrscht, spüren wir das auf der Erde eine ganze Weile.“
Er selbst hat die Polarnacht am Freitag leider verpasst, sagt er. Auch für Wissenschaftler sei das immer etwas Magisches. „Alle, die dazu forschen, sind immer fasziniert, wenn es passiert.“ Auch viele Hobby-Sternefotografen waren mit ihren Kameras unterwegs. Zum Beispiel Jörg Salzer aus Neubeuern im Kreis Rosenheim. An einer kleinen Kapelle zwischen Chiemsee und Simssee gelangen ihm leuchtend bunte Bilder. Salzer war die ganze Nacht unterwegs, erst um 7 Uhr früh fuhr er nach Hause – hundemüde, aber glücklich über seine tollen Fotos. „Man sieht die Polarlichter mit dem bloßen Auge nicht so gut, wie die Kamera sie einfängt“, sagt er. „Aber es ist immer ein herrliches Schauspiel.“
KATRIN WOITSCH
JOHANNES WELTE