Jäger wetzen die Klingen

von Redaktion

Eine Justiziarin, die zurücktritt, ein Bezirkschef, der aus der WhatsApp-Gruppe fliegt, ein massiver Streit ums Messerverbot – beim Bayerischen Jagdverband fliegen die Fetzen. Nicht zum ersten Mal im Fadenkreuz: Präsident Ernst Weidenbusch.

Streit bis aufs Messer – und ums Messer. Das angebliche Messerverbot erzürnt viele Jäger. © Karl-J. Hildenbrand/PA/dpa

Nicht unumstritten: Ernst Weidenbusch, Präsident des Bayerischen Jagdverbands (BJV), hier während der letzten Landesversammlung des BJV im März. © Armin Weigel/picture alliance/dpa

München – „Sehr geehrter Herr Präsident, lieber Ernst, hiermit trete ich von meinem Amt als Justiziarin des Bayerischen Jagdverbandes e.V. in Bayern zurück.“ So beginnt ein vier Seiten langer Brief, in dem Präsidiumsmitglied Diane Schrems-Scherbarth ausführlich begründet, warum aus ihrer Sicht „die unbefangene Ausübung des Ehrenamtes nicht mehr möglich“ ist. Weidenbusch, so resümiert die Rechtsanwältin aus Regensburg in dem Brief, der unserer Redaktion vorliegt, bringe „weiten Teilen des Präsidiums Misstrauen“ entgegen. Mehr noch, eine Beratung, umfassende Information oder gar Beschlussfassung über jagdpolitisch wichtige Entscheidungen finde im Präsidium nicht mehr statt. Oft werde man mit dem Hinweis „abgespeist“, man sei schon selbst mit den wichtigen Stellen „in gutem Kontakt“ und werde selbst „alles Wichtige“ besprechen. „Ich, sowie auch alle Bezirksvorsitzenden, die sich jedoch nicht trauen, dies offen zu äußern, fühlen sich uninformiert“. „Als Justiziarin kann ich aus obigen Gründen nicht mehr fungieren, sondern nur noch als Feigenblatt dienen.“

Ein Punkt, den die Juristin moniert: Weidenbusch hat sie offenbar nicht um Expertise bei der bevorstehenden Verschärfung des Waffenrechts gebeten. Die Verschärfung ist Teil des Sicherheitspakets, das diese Woche im Bundestag beraten wird und auch das Mitführen von Messern reglementiert. Weidenbusch, der selbst Jurist ist, habe ein Video auf Youtube zur Thematik veröffentlicht, „ohne dass der irreführende Inhalt auch nur ansatzweise mit dem Präsidium“ abgestimmt worden sei, meint die Justiziarin.

Im Gegensatz zum Deutschen Jagdverband (DJV) hat sich der Bayerische Jagdverband (der nicht Mitglied im DJV ist) nicht einer Petition gegen die Verschärfung des Waffenrechts angeschlossen. Die Petition hat der Bundesverband zivile Legalwaffen e.V. gestartet. In der Petition wird behauptet, die Gesetzesverschärfung richte sich „fast ausnahmslos gegen rechtstreue Legalwaffenbesitzer“ wie Jäger, Sportschützen und Waffensammler. 130 000 Personen haben sie bisher unterzeichnet, darunter viele Jäger und Schützen aus Bayern sowie Wirtschafts- und Jagdminister Hubert Aiwanger (FW), der bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit gegen das angebliche „Messerverbot“ agitiert (sogar beim Böllerschießen zum Wiesn-Abschluss).

Wer die Petition hingegen nicht unterzeichnet hat: Ernst Weidenbusch, CSU-Mitglied und Präsident des Bayerischen Jagdverbands. In einem Schreiben an die Kreisgruppen, das als Abdruck in einem anonymen, gegen den BJV gerichteten Schmäh-Youtube-Video („ihr seid eine Schande“) auftaucht, rechtfertigt sich der BJV. „Jäger werden hier nicht diskriminiert“, heißt es in dem Schreiben. Man werde „nicht blind auf Kampagnen aufspringen“. In einem weiteren Youtube-Video führt Weidenbusch aus, die Petition sei „polemisch“. „Große Teile der Bevölkerung“ stünden „hinter der Grundidee dieses Gesetzes“. Der Juristin kreide er einen fachlichen Fehler in einem früheren Verfahren an, erklärt der BJV gegenüber unserer Zeitung, weshalb „ein uneingeschränktes Vertrauen“ nicht mehr gegeben sei. Man bedauere aber den Rücktritt.

Diskussionen über das Waffengesetz ließ Weidenbusch, so stellt es indes die Justiziarin dar, nicht zu. Wolfgang Morlang, Bezirksvorsitzender der oberbayerischen Jäger aus Bad Tölz, bestätigt das. Bei Streitereien in der Vergangenheit – so musste Weidenbusch beim Verbandstag 2023 eine Kampfabstimmung überstehen – hatte sich der Tölzer zurückgehalten. Jetzt scheint das Tischtuch zerschnitten. Trotz mehrmaliger Schreiben habe das Präsidium bisher nicht reagiert, sagt Morlang.

Statt eine Antwort zu erhalten, flog er aus der vom Präsidenten zur Kommunikation mit den Kreisgruppen eingerichteten WhatsApp-Gruppe – obwohl er auch die Kreisgruppe in Bad Tölz führt. Das sei „kein feiner Zug“, sagt Morlang unserer Zeitung. Er wolle gerne über die Waffenrechtsverschärfung einen „Austausch“, sagt er weiter, weil „viele Jäger in Oberbayern verunsichert sind und sich durch den Verband hier nicht vertreten fühlen“.

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