Schaukeln auf der Kirta-Hutschn, hier in Ebersberg, ist ein Kirchweih-Brauch. © Stefan Rossmann
Samerberg/Geretsried – An Kirchweih geht es ums Zusammenkommen und ums Feiern. Das war schon immer so. Am Samerberg etwa steht der Kirta-Montag im Zeichen des Hutes. Sebastian Stuffer ist der Ober-Huadara, wenn man so will. Immerhin hat der 55-Jährige mit ein paar anderen Hut-Narrischen vor 14 Jahren an jenem Feiertag den Huadara-Verein gegründet. Heute zählt der 170 Mitglieder – und die kommen nicht nur vom Samerberg, sondern aus der ganzen Region.
„Am Kirchweih-Sonntag geht‘s eher traditionell zu“, erzählt Stuffer, den alle Erl Waste nennen. „Kirta ist einer der heiligsten Bauernfeiertage. Wir gehen zur Kirche, zum Wirt und trinken mit der Familie Kaffee und essen Kuchen.“ Der Montag aber, der gehört den Huadaran. Ihr Ausflug startet jedes Jahr um 8 Uhr. Der Lang Roland vom Irschenberg, auch ein Huadara, chauffiert gut 50 Mann per Bus. Heuer wird der Neubau der Brauerei Flötzinger in Schechen besichtigt. Wer mitfährt, zeigt sich erst bei Abfahrt. „Einzige Voraussetzung für die Teilnahme ist ein Hut“, sagt der Erl Waste. „Auch Strohhüte, ja sogar Kappis sind erlaubt. Und zur Not hätten wir sogar Leihhüte.“ Die Gaudi ist die Hauptsach.
Die Ursprünge der Kirta, also der Kirchtage, gehen bis ins Mittelalter zurück. War eine neue Kirche erbaut, wurde diese samt Altar feierlich geweiht. Danach feierte die Kirche jedes Jahr am Sonntag vor oder nach dem Namenstag ihres Patrons erneut Kirchweih. Drei bis vier Tage dauerte das. Oft bis zum Dienstag, ja sogar Mittwoch – getreu dem Motto: „A richtige Kirta dauert bist zum Irda, es ko se a schick bis zum Migga.“
Und da der Bayer schon immer gerne gefeiert hat, fuhr er natürlich auch auf die Festl der Nachbardörfer. Bis ins Jahr 1866. Da zog die Obrigkeit die Reißleine – es war einfach zu viel der Feierei. Seitdem gilt in Altbayern der dritte Sonntag im Oktober als Einheitstermin für Kirchweih. Der Bayer dehnt die Regeln bis heute gerne auf Montag aus.
Ente, Ganserl, Kirta-Bier und -Nudeln laden auf dem Tisch. Und die Kinder hutschen auf großen Holzbalken, die als überdimensional große Schaukeln in Stadln aufgehängt werden. Das Kirta-Hutschn stirbt mehr und mehr aus. Im Aschheimer Ortsteil Dornach wird der Brauch aber zum Beispiel noch gepflegt. Genau wie in Wall im Kreis Miesbach, wo die Freiwillige Feuerwehr am Sonntag zum Weidenauer einlädt. Und auch an der Wallbergerhütte in Rottach-Egern wird am Sonntag noch traditionell gehutscht.
Die Tradition verlangt es auch, dass am Kirchweih-Sonntag in Geretsried im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen – fast ein bisserl scheinheilig – gesungen wird: „Heid iss i nix, heid trink i nix.“ Mit diesen Worten ziehen die Männer der Egerländer Gmoi nämlich durch den Ort, von Haus zu Haus, um ihren jeweiligen Angebeteten ein Ständchen zu singen. „Bei unseren Vorfahren im Egerland sind nur die ledigen Burschen an Kirwa unterwegs gewesen“, sagt Helmut Hahn, Vorstand der Gmoi. „Heute gehen wir alle zusammen zu unseren Freundinnen und Ehefrauen.“
Jede Dame serviert Bier, Wein, Schnaps, Brotzeit sowie Kleckskuchen. Letzterer ist eine original Egerlänger Kirchweih-Spezialität – ein Blechkuchen aus Topfen, Mohn und Zwetschgenmarmelade. Und zur Feier des Tages rufen sich die 25 Geretsrieder einen besonderen Gruß im Dialekt zu: „Was ist heute? Kirwa ist heute!“ Kirchweih, ein buntes Fest der Freude.
CORNELIA SCHRAMM