Bayerns Igel in Not

von Redaktion

Naturschutz-Organisationen rufen zur „Igel-Challenge“ auf

Ein Herz für Igel hat Ulrike Kolar aus Moosburg. © Albrecht

Auf Tour für den Winterspeck: Im Herbst sind Igel besonders aktiv. © Karl-josef Hildenbrand/dpa

München – Seit Anfang September klingelt bei Ulrike Kolar aus Moosburg das Telefon quasi ohne Unterlass. Grund ist der frühe Kälteeinbruch. „Für die Igelkinder, die derzeit meist nur zwischen 60 und 150 Gramm wiegen, ist das eine Katastrophe“, sagt sie. „Die erwachsenen Igel ziehen sich zum Winterschlaf zurück, und die Kleinen sind sich selbst überlassen.“ Igel-Expertin Ulrike Kolar kümmert sich um die Kleinen. Sie leistet Erste Hilfe, berät, und nimmt einige der Igel-Waisen auf. „Täglich kommen Hilferufe und Pfleglinge“, erzählt sie, und eine Ende sei nicht in Sicht.

Ohne die Arbeit von Ulrike Kolar und vielen anderen Igelschützern, würde es dem Stacheltier in Deutschland und Bayern noch schlechter gehen. Der Igel gehört zu den bedrängten Arten in Deutschland, die Bestände des Wildtieres sind rückläufig. Für gezielte Artenschutzmaßnahmen fehlen aber bisher verlässliche Daten. Deshalb hat der Bund Naturschutz gemeinsam mit dem Verein Pro Igel jetzt die „Igel-Challenge“ initiiert. Es gehe bei dem Monitoring darum, den Zustand der Igel besser einschätzen zu können, sagt die Projektleiterin vom Bund Naturschutz Bayern, Martina Gehret. „Daraus sollen dann konkrete Schutzmaßnahmen entwickelt werden.“ Der Plan: Eine langfristige Datenerhebung. Entwicklungstrends von Populationen lassen sich erst erkennen, wenn Daten über mehrere Jahre oder Jahrzehnte erhoben werden.

Mitmachen kann jeder, der ein Smartphone besitzt und sich dann die kostenlose App Obersavtion.org herunterlädt. Wer dann einen Igel sieht, fotografiert diesen mit der App, die über eine automatische Bilderkennung verfügt – und schon ist das Tier gezählt. Die gesammelten Daten werden zusätzlich von Experten geprüft, um eine gute Datenqualität zu garantieren. Als besonderes Highlight bietet die App eine Igel-Challenge als spielerischen Wettbewerb an. Wer innerhalb eines Jahres die meisten Igel fotografiert, hat die Chance, Sachbücher über Igel oder Bausätze von Igelhäusern zu gewinnen. „Die Igel-Challenge ist ein spielerischer Wettbewerb, um die Datenerfassung und das Engagement im Igelschutz zu fördern“, sagt Gehret. „Wichtig ist nur, dass zufällig gesichtete Tiere in ihrer natürlichen Umgebung gemeldet werden. Fotos von Igeln an Futterstellen oder in Pflegestationen sind nicht von Interesse.“

Der Igel ist das Wildtier des Jahres 2024. In Deutschland waren Igel einst weit verbreitet, mittlerweile aber werden die Tiere auf der Vorwarnliste der bedrohten Arten geführt. Die Gründe für den Rückgang der Bestände sind vielfältig. Der Klimawandel macht den Tieren zu schaffen. In milderen Wintern erwachen sie aus ihrem Winterschlaf, verbrauchen viel Energie, finden gleichzeitig aber keine Nahrung. Aber auch ganzjährig fehlt es an Futter. Als Insektenfresser sind Igel von dem drastischen Rückgang der Insekten besonders betroffen.

Ein großes Problem für die Igel sind auch Mähroboter, vor allem, wenn diese auch in der Dämmerung oder nachts den Rasen mähen. Für die nachtaktiven Igel sind diese Roboter mit ihren scharfen Messern eine große Gefahr. „Die Sensoren der Mähroboter erkennen nur ausgewachsene Igel, wenn sich die Kleinen zusammenrollen werden sie überfahren und häufig verstümmelt oder getötet“, sagt Gehret. Zum Schutz der Igel hat etwa die Stadt Köln kürzlich ein Nachtfahrverbot für Mähroboter erlassen, auch erste bayerische Gemeinden ziehen bereits nach.

In den Städten sind Igel bei der Nahrungssuche vor allem auf die Gärten angewiesen. Hier sollte darauf geachtet werden, dass zwischen den Gärten Durchlässe bestehen, so dass die Igel problemlos wandern können, ohne auf gefährliche Straßen ausweichen zu müssen. Generell freuen sich Igel über naturnahe Gärten mit heimischen Blühpflanzen, alten Obstbäumen und dichten Hecken. Beliebte Jagdgebiete sind Stauden- und Kräuterbeete sowie Grünflächen mit Wildblumen. Den Tag verbringen Igel im sicheren Versteck. Das können Laub-, Holz- oder Steinhaufen mit Hohlräumen sein.. „Es sollten nicht alle Blätter aus dem Garten geräumt werden“, rät Ulrike Kolar. „Viele Igel sind wohnungslos geworden – die brauchen den Unterschlupf.“ Und wer könne, der sollte doch ein Igelhäuschen aufstellen.

Infos zur Igel-Challenge

finden Interessierte unter www.bund-naturschutz.de/aktionen/igel-challenge

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