Ein Kleid für acht Hochzeiten

von Redaktion

„Trägt man ja nur einmal“: Immer mehr Läden bieten Brautmode zur Miete

Das Hochzeitsfoto von Samira Strobls Großmutter hängt im Geschäft. Auch sie hat in einem Leihkleid geheiratet.

Mut zur Miete: Kundin Chiara Bruno sucht sich bei Samira Strobl ein Brautkleid zum Leihen aus. Nach 14 Tagen geht das gute Stück zurück. © Brucker (2)

München – Chiara Bruno dreht sich entzückt vor dem Spiegel. Freudentränen stehen ihr in den Augen. Die 28-jährige Mutter zweier Kinder aus Dorfen bei Erding kann es kaum fassen, welch schönes Dekolletée sie in dem bei Samira Strobl ausgeliehenen Brautkleid hat. Gemeinsam mit ihrer Schulfreundin Mira Ullrich, Aufnahmeleiterin bei TV-Produktionen, betreibt die 32-jährige Journalistin Strobl in München nebenberuflich seit 2020 das Brautmodengeschäft Liebeleih. Im Juni haben die beiden ein neues Geschäft angemietet und sich von 25 Quadratmeter im Werksviertel auf 75 Quadratmeter in Untergiesing vergrößert. Ihr Fokus liegt dabei auf Leih- und Secondhandkleidern. Außerdem bieten sie acht neue Modelle aus nachhaltiger Produktion an.

Ein Kleid, in dem schon acht Mal geheiratet wurde

„Ich finde das Konzept spannend und sehr nachhaltig. Schließlich trägt man sein Brautkleid nur einmal. Hoffentlich“, sagt Chiara Bruno lachend. 14 Tage kann sie sich ihr Brautkleid bei Liebeleih ausleihen. Chiara möchte bei ihrer eigenen Schneiderin die Träger des Kleides und die Länge kürzen lassen und nicht bei einer der beiden Schneiderinnen, mit denen Liebeleih zusammenarbeitet.

„Unser Bestseller hat schon acht Hochzeiten auf dem Buckel und ist immer noch hübsch – nur mittlerweile etwas kürzer und enger als ganz zu Beginn“, erklärt Strobl und fügt hinzu. „Dafür stecken schon richtig viel Liebe und mehrere durchtanzte Nächte darin.“ Nach der Feier wird das Brautkleid gereinigt. Dies ist im Leihpreis enthalten. Er liegt zwischen 250 Euro und 750 Euro. Hinzu kommen gegebenenfalls Änderungskosten für die Schneiderin. Ganz am Schluss verkaufen die Ladeninhaberinnen das Leihkleid.

Ortswechsel: Bei White Silhouette in München können Brautkleider ebenfalls ausgeliehen werden. Hier geht der Preis bei rund 800 Euro los. Dreimal werde es im Schnitt verliehen, sonst lohne sich das Geschäft nicht, sagt Fan Xia. Sie bietet seit 2011 in München Neu-, Leih– und Secondhandmode an.

Monica Santana von Monica Santana Braut- und Abendmoden dagegen hat ein anderes Konzept. Die gebürtige Brasilianerin betreibt in Herzogenaurach ein Haute-Couture-Modeatelier, in dem sie sich auf das Herstellen und Designen exklusiver Braut- und Abendmode spezialisiert hat. Mit zwei Schneiderinnen fertigt sie seit 2007 die Kleider an, seit rund zehn Jahren verleiht sie auch. Dafür hat die Designerin eine separate Kollektion, bei der sich der Schaden leicht reparieren lässt. „Der größte Vorteil des Mietens besteht darin, dass die Kundin ihr Traumkleid für die Hälfte des normalen Preises bekommt, wenn keine Größenänderungen notwendig sind“, erklärt die Geschäftsfrau.

Ein Brautkleid wird von ihr nur einmal verliehen, danach verkauft sie es. Kommt das Kleid jedoch stark beschädigt zurück und muss mit großem Aufwand repariert werden, behält Santana die Kaution ein, die die Kundin beim Bestellen bezahlt hat. Die meisten Kleider würden in Größe 32 bis 38 geliehen. Sind die Änderungswünsche zu groß, lohne es sich eher, zu kaufen. So ein neuer Zweiteiler in Aktion könnte er schon ab 300 bis 400 Euro erworben werden, aber es gebe auch Kleider bis 8000 Euro.

Junge Frauen tendieren eher zum Leihen

Das Kaufverhalten der Kunden habe sich im Laufe der Jahre stark verändert, so Santana. Früher hätten die Bräute ihr Kleid behalten wollen. Heutzutage „bekommen wir meistens das gleiche Argument, warum sie es mieten wollen. Die Antwort lautet immer: Weil es nur einmal getragen werden kann.“ Junge Frauen interessierten sich oft mehr für den Verleih. Ältere Frauen kauften ihr Kleid in den meisten Fällen, so ihre Erfahrung.

Samira Strobl von Liebeleih hat im Juli selbst geheiratet. Und auch sie hat sich für Standesamt und Trauung jeweils ein Neukleid aus ihrem nachhaltigen Angebot mit recyceltem Material ausgesucht. Danach bot die Journalistin beide Kleider in ihrem Laden zum Verleihen an. Hauptberuflich ins Brautgeschäft einzusteigen, beabsichtigt Strobl bislang nicht. Sie und ihre Freundin wollen aber auf Sicht noch Aushilfen einstellen. Strobls Mutter hilft bereits seit eineinhalb Jahren. Sie habe wie auch ihre Großmutter in einem geliehenen Brautkleid geheiratet.
MARION BRUCKER

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