Weltsynode: Zaghafter Start zu Reformen

von Redaktion

Die Weltsynode hat weitreichende Beschlüsse gefasst. Sie plädiert für Öffnungen, mehr Mitbestimmung der Basis und Dezentralisierung. Der Papst stimmt zu. Die Frauenfrage wird nicht geklärt, bleibt zumindest offen. Viele Reformer sind enttäuscht.

Erschöpft, aber zufrieden: Papst Franziskus winkt nach der Abschlussmesse der Weltsynode der Menge vom Fenster des Apostolischen Palastes aus zu. Für Kritiker sind die Ergebnisse enttäuschend. © Tiziana Fabi/AFP

Rom/Freising – „Die ganze Synodenaula hat für eine Schrecksekunde die Luft angehalten, alle haben sich angeschaut – und dann gab es lang anhaltenden Applaus.“ Thomas Schwartz, Hauptgeschäftsführer des Hilfswerks Renovabis (Freising), schildert den Moment, in dem der Papst am Samstag angekündigt hat, das 50-seitige Synodenpapier ohne weitere Prüfung so anzunehmen. „Der Papst macht mit Synodalität ernst!“, wertet das der Theologe im Gespräch mit unserer Zeitung. Genau das, was die 368 Synodenteilnehmer aus allen Kontinenten in wochenlanger Arbeit entwickelt haben, ist jetzt Grundlage für die Zukunft der Kirche.

„Das, was wir gemeinsam beschlossen haben, gilt auch gemeinsam“, freut sich Schwartz, der noch vor einigen Tagen eher ernüchtert auf das Synodenende geblickt hatte. Gestern endete die Weltsynode in Rom mit einem großen Gottesdienst. Am Abend zuvor hatte der Papst überraschend die Beschlüsse unmittelbar nach der Abstimmung der Teilnehmer freigegeben. Damit verzichtete er darauf, die Empfehlungen mit einem päpstlichen Schreiben noch einmal zu prüfen. Allerdings: Einige der Ergebnisse werde er noch einmal den Bischöfen der Weltkirche vorlegen und mit ihnen über die Umsetzung beraten. Somit bleibt vieles vage.

Größere Spielräume eröffnet das Synodenpapier für mehr Mitgestaltung und dezentrale Entscheidungen. So soll es etwa eine Rechenschaftspflicht der Kirchenoberen geben. „Bischöfe müssen sich in Entscheidungsprozesse einbringen und können nicht par ordre du mufti Entscheidungen treffen“, erläutert Schwartz. Die deutschen Teilnehmer werten die Absegnung des Papiers als Bestätigung ihres „Synodalen Wegs“, der bis zum Start der letzten Synodenversammlung von der Kurie mit großem Argwohn betrachtet wurde.

Es scheint, als habe die Methdodik der Diskussion an Runden Tischen weltweit zu mehr Verständnis untereinander geführt. Im letzten Moment konnte die umstrittene Frauenfrage zumindest offengehalten werden. Hier hatten sich Reformer erhofft, dass es Schritte zur Zulassung von Frauen zum Diakonenamt geben würde. Im Dokument heißt es nun lediglich: „Die Frage des Zugangs von Frauen zum Diakonat bleibt offen.“

Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, zeigte sich in diesem Punkt enttäuscht: „Die Diskriminierung von Frauen bleibt bestehen – und es wäre abwegig zu bestreiten, dass das viele Katholikinnen und Katholiken in Deutschland frustrieren wird.“ Auch die Passage zum sexuellen Missbrauch von Kindern durch Priester falle zu zurückhaltend aus: die spezifischen systemischen Ursachen, nämlich die an dem Skandal mitverantwortlichen Strukturen der Kirche, würden nicht benannt.

Für bemerkenswert halten Beobachter indes, dass Teilkirchen mit verschiedenen Geschwindigkeiten voranschreiten können. So könnte für Deutschland Bewegung in die Frage kommen, ob nicht angesichts des Priestermangels verheiratete Männer („viri probati“) zu Priestern geweiht werden könnten. „Voranzugehen heißt heute, auf Dauer für eine bei den Menschen nahe Kirche in unserem Land zu sorgen, die sakramental bleibt und die Sakramente und die Verkündigung erfahrbar macht. Unsere postsäkulare Welt braucht dazu auch einen Klerus mit zölibatär lebenden und verheirateten Priestern“, sagte dazu der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Auch hier kommt es darauf an, wie mutig deutsche Bischöfe die Möglichkeiten nutzen, die durch das Synodendokument eröffnet werden. „Ich finde, das Ganze ist noch etwas zaghaft, aber es ist ein Anfang, der nachhaltig sein wird und der nicht mehr zurückgenommen werden kann“, bewertet der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, die Weltsynode.

Beobachter resümieren: Mutter Kirche ist schwerfällig, aber sie bewegt sich doch.

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