Gestern hat der Bauer am Seeufer mit einer Sense gemäht und ist anschließend mit der eisernen Sichel über der Schulter und Kapuze auf dem Kopf wieder davonmarschiert. „Der schaut ja aus wie der Boandlkramer!“, blubberte Karpfen Franz-Josef. Wir fragten Agnes, wer denn das ist.
„Der Boandlkramer ist eine alte bairische Bezeichnung für den Tod“, quakte Agnes. „Ein Boandlkramer ist eine Person, die anderen den Tod bringt. Der Begriff setzt sich zusammen aus Boandl für Gebeine oder Knochen und Krämer, was Händler bedeutet. Der Grundidee nach zieht diese Person also von Haus zu Haus und verkauft Knochen.
Bekannt ist der Begriff des Boandlkramers vor allem aus folgendem Grund“, quakte Agnes weiter. „Es gibt eine Kurzgeschichte von Franz von Kobell aus dem Jahr 1871 namens ‚Die Gschicht vom Brandner Kaspar‘. Daraus entstand etwa hundert Jahre später ein Roman und Bühnenstück, nämlich ‚Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben‘ von Kurt Wilhelm. Darin taucht der ‚Boanlkramer‘ auf. Er soll den 72-jährigen Brandner Kaspar ins Jenseits begleiten. Dieser aber macht den Todbringer mit Schnaps betrunken und ringt ihm die Zusage ab, ihn erst im Alter von 90 Jahren zu holen. Aber als an seinem 75. Geburtstag seine Enkelin stirbt, gefällt dem Brandner sein Leben gar nicht mehr und der Boanlkramer bietet ihm an, den Himmel auf Probe zu besuchen.