Nach der Skipiste auf die Piste: Viele Wintersportler feiern gerne ausgelassen Après-Ski. Gemeinden wie Ischgl (Bild) oder Sölden wollen das Partyvolk zähmen. © IMAGO (2)
Sölden – Die Werbung ist recht deutlich: „Sei, wer du bist. Aber sei laut“, steht auf der gemeinsamen Internetseite von vier Bars im österreichischen Skigebiet Sölden. „Feiern ohne Kompromisse“, heißt es noch, und: „Die Vernunft kann draußen bleiben.“ Die Partys zum Après-Ski in Sölden sind Wintersportlern auf der ganzen Welt ein Begriff – und legendär. Das ist schon seit Jahrzehnten so. Doch langsam wird es manchen Einheimischen in dem 3000-Seelen-Ort zu wild. Und die Gemeinde zieht die Handbremse an.
In einer öffentlichen Mitteilung heißt es: „In den vergangenen Wintersaisonen kam es leider vermehrt zu Meldungen über ausufernde Partyexzesse in Bezug auf Après-Ski & Nightlife im Ortsgebiet bzw. in Unterkünften von Sölden.“ Eine Runde aus Gemeinde, Wirten, Vermietern und Touristikern suchte nach Lösungen. Die dürften nicht allen Partyhungrigen, die wegen der Kombination aus Piste und Exzess in das kleine Bergdorf am Ende des Ötztals kommen, gefallen.
Sölden ist eine der Top-Tourismus-Destinationen in Österreich. Im Winter liegt das Tiroler Bergdorf auf Platz 2 hinter der Hauptstadt Wien. Zu Spitzenzeiten beherbergt Sölden 10 000 Gäste, etwa die Hälfte kommt aus Deutschland, 15 Prozent aus Belgien und den Niederlanden, der Rest aus aller Welt. Sölden hat mindestens einen Klang, wenn nicht einen Ruf als Party-Skigebiet. Schon seit Jahren versucht die Gemeinde, die zelebrierte Ausgelassenheit in den Griff zu bekommen. Denn das Feiern fängt oft schon auf der Piste an. Wie Bürgermeister Ernst Schöpf am Telefon erklärt, hat die Gemeinde die Skihütten an den Abfahrten schon vor drei Jahren zu einer Sperrstunde ab 18 Uhr verpflichtet. „Viele Leute mussten dort abgeholt werden, weil die Knie zu weich wurden“, sagt Schöpf. Die Maßnahme habe viel bewirkt, auch für die Fahrer der Pistenraupen, die seither früher mit der Präparierung der Abfahrten starten können, ohne auf betrunkene Wintersportler achtgeben zu müssen. Der nächste Schritt räumte ein Stück bergab auf: die Après-Ski-Bars im Tal mussten die Lautsprecher im Außenbereich ab 19.30 Uhr ausschalten. Und jetzt geht Sölden die Probleme im sogenannten Bermudadreieck an.
Das ist ein Party-Hotspot am Ortseingang, das Zentrum der Feierwütigen. Das Problem: Vor den Bars und Clubs stehen oft zahlreiche Gäste beim Rauchen, haben Flaschen in der Hand, sind laut. Das nervt die Anwohner zunehmend. Die Gemeinde führt deshalb ein Alkoholverbot ein. Getrunken werden darf in Sölden nach wie vor – „nur mit Skiwasser geht es ja auch nicht“, sagt der Bürgermeister. Aber nicht mehr auf einzelnen öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen. Klartext: vor den einschlägigen Lokalen. Damit es auf der Straße, auf den Gehwegen ruhiger wird, sollen Raucherbereiche zum Beispiel im Hinterhof ausgewiesen werden. Die Wirte sollen mit eigenen Sicherheitsleuten dafür sorgen, dass die Regeln eingehalten werden. Und die Gemeinde will verstärkt Kontrollen durchführen, ob die Lärmverordnung eingehalten wird.
Von den Wirten will auf Anfrage niemand sprechen. Aber laut Bürgermeister ziehen alle an einem Strang, schon allein, weil Sölden vom Tourismus abhängt, „keine Frage“, sagt Schöpf. Und er legt Wert darauf, dass längst nicht jeder Gast auf die Party seines Lebens aus ist. „Von 10 000 Gästen sind 9000 nicht betroffen.“ Er weist außerdem darauf hin, dass in dem ebenfalls für seine Partys berühmten Wintersportort Ischgl ähnliche Regeln gelten. „Wir sind nicht die Ersten.“
Ischgl hat 2016 ein nächtliches Skischuh-Verbot eingeführt. Auch das Mitführen von Skiern, Skistöcken und Snowboards wurde untersagt. Darauf stehen Strafen von 25 bis 2000 Euro. Hintergrund war der Lärm, den die feiernden Skifahrer mit ihren klappernden Schuhen machten. Sollte man trotz des Verbotes zu später Stunde noch in einer Bar sein, heißt es auf einer Internetseite für Wintersportler, empfiehlt der Tourismusverband eine Taxifahrt ins Hotel. Die zehn Meter zum Taxi sind nämlich straffrei.