KOLUMNE

Engagierte Patenkinder

von Redaktion

Wer Patin wird, braucht Zeit und manchmal auch etwas Geld. Patenkinder sollen schließlich beschenkt werden – zum Geburts- und Tauftag, zu Ostern und an Weihnachten. Manchmal gibt es auch kleine oder größere Sonderwünsche, die der Erfüllung harren. Wichtiger als materielle Dinge sind allerdings Aufmerksamkeit und Verständnis, die man den Kindern schenkt, die einem anvertraut wurden – oder die sich einem sogar selbst anvertraut haben.

Vor drei Jahren berichtete ich an dieser Stelle, dass ich Patin geworden bin: Für gleich rund 850 Jungen und Mädchen aus dem Camerloher Gymnasium in Freising. Sie haben sich mit ihrer Direktorin, Lehrerinnen und Lehrern schwungvoll dafür entschieden, beim bundesdeutschen Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ mitzumachen. In der Bundesrepublik sind mehr als zwei Millionen Schüler und Schülerinnen und 1200 Patinnen für die jeweiligen Schulen dabei.

Ein solcher Elan hält sich auch trotz viel guten Willens weder bei Kindern, Jugendlichen noch bei Erwachsenen. Bei den Camerlohern sieht das anders aus. Sie positionieren sich unter dem Motto „Spread Love not Hate“ im Internet. Die jungen Leute mobilisieren gegen Hass und Mobbing. Sie zeigen, wo man sich Hilfe holen kann – und sind dabei auch strafrechtlich auf der Höhe. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, ist bei ihnen ein gern gesehener Gast.

Die Patin schaut zu und staunt. Was die „Kinder Courage“, wie ich sie vor drei Jahren „taufte“, alles auf die Beine stellen, ist unglaublich. Selbstverständlich ist der 9. November für sie ein Gedenktag, der nicht übergangen werden darf. Den entschiedenen Kampf gegen Antisemitismus hat das musische Camerloher Gymnasium sich schon lange auf die Fahnen geschrieben. Dieses Jahr gestalten Schüler und Schülerinnen die zentrale Gedenkveranstaltung im Münchner Rathaus entscheidend mit.

Chor und Streicher des Camerloher Sinfonieorchesters singen und musizieren. Schüler und Schülerinnen erinnern überdies an jüdische Bürger und Bürgerinnen aus dem Landkreis Freising, die von der Pogromnacht 1938 und dem braunen Terror bitter betroffen waren. Jeder Mensch und jeder Name zählt – auch heute. Das wissen die jungen Leute. Die Patin braucht nichts. Sie wird beschenkt mit dem Kostbarsten, das es gibt: mit hellwachen Patenkindern, für die Menschenwürde an erster Stelle steht.

Wer an diesem Samstagabend live dabei sein und auch die Reden von Oberbürgermeister Dieter Reiter, von Präsidentin Charlotte Knobloch und dem Soziologen Armin Nassehi anhören möchte, hier zwei Links: https://www.youtube.com/nsdoku oder www.gedenken9nov38. de/live.

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