Ein katholisches Kruzifix in der Wallfahrtskirche Maria Eck. Der Buß- und Bettag ist ein evangelischer Feiertag – doch betroffen sind Menschen jeder Konfession. © Rolf Poss via www.imago-images.de
München – Der erste Mittwoch nach dem Volkstrauertag ist mit Abstand der komplizierteste Feiertag im Freistaat: Kinder haben keinen Unterricht, viele Lehrer gehen in die Schule, Eltern müssen arbeiten. Woher kommt dieses Durcheinander?
Was bedeutet der Feiertag?
Vor allem in Kriegszeiten besannen sich die Menschen auf Gebet und Buße. 1878 gab es noch 47 Bußtage in den deutschen Ländern. Heute gilt der erste Mittwoch nach dem Volkstrauertag als Tag der Neuorientierung: „Versagen und Schuld, Versäumnisse und Fehlentscheidungen kann man im Gebet vor Gott bringen. Der Feiertag dient zudem dem Nachdenken über gesellschaftliche Irrtümer“, so die Evangelische Kirche in Deutschland. Er wird als Tag der Umkehr und der heilsamen Neuausrichtung gesehen.
Warum wurde er abgeschafft?
Für die von Norbert Blüm (CDU) ausgearbeitete Pflegeversicherung von 1995 fehlte das Geld. Die Lösung: einen Feiertag opfern, um sie finanzieren zu können. Auch Oster- und Pfingstmontag standen dafür kurz zur Debatte, der Buß- und Bettag weckte am wenigsten Kritik, er wurde gestrichen. In den Bundesländern gibt es unterschiedliche Regelungen. Nur in Sachsen blieb der Feiertag erhalten – die Bürger zahlen dafür mehr für die Pflegeversicherung, nämlich 0,5 % des Bruttolohns. Evangelische Arbeitnehmer können am Buß- und Bettag frei nehmen, um religiösen Pflichten nachzugehen, das regelt das Feiertagsgesetz der einzelnen Länder. Es wird kein Urlaubstag abgezogen, allerdings hat man für diese Zeit keinen Anspruch auf Lohn oder Gehalt.
Warum ist nur in Bayern schulfrei?
Weil es sonst an Lehrkräften mangeln könnte: Das Bayerische Kultusministerium will seinen evangelischen Lehrern den Besuch eines Gottesdienstes ermöglichen. Sie könnten aber nicht unproblematisch frei nehmen, weil der Unterricht so möglicherweise nicht aufrecht erhalten werden könne, heißt es aus dem Ministerium. In den übrigen Bundesländern (außer in Sachsen mit seinem gesetzlichen Feiertag) müssen Kinder auch am Buß- und Bettag zur Schule.
Was treiben die Lehrer?
„An vielen Schulen des Freistaates wird dieser Tag genutzt, um einen pädagogischen Fachtag abzuhalten, der aktuelle Aspekte aus Bildung und Erziehung thematisiert“, so das Kultusministerium. Dieser Tag ist eine verpflichtende Maßnahme, die 1998 in Bayern von der CSU-Mehrheit im Landtag beschlossen wurde. Die Lehrer bekommen dafür keinen Ausgleich. Allerdings bestimmen die Schulen, wann dieser Tag abgehalten wird. Viele entscheiden sich für einen Freitagnachmittag oder einen Samstag.
Wohin mit den Schulkindern?
Manche Betriebe erlauben, den Nachwuchs mit in die Arbeit zu nehmen, die Kirchengemeinden bieten einen Kinderbibeltag an. Die wenigen Betreuungsangebote sind meist lange vorher ausgebucht. In vielen Städten gibt es Aktionen: So öffnet das Buchheim Museum in Bernried am Starnberger See sein Atelier. Das Jugendzentrum Erdweg des Kreisjugendrings Dachau lädt zu kreativen Workshops. Für gemeinsame Familienausflüge eignen sich an diesem Tag zum Beispiel der Wildpark Poing, die Bavaria Filmstadt, die Flugwerft Schleißheim oder der Bergtierpark Blindham.
Welche Feste sind erlaubt?
Der Bußtag ist ein stiller Feiertag, es gilt ein Tanzverbot für öffentliche Veranstaltungen von 2 bis 24 Uhr, die Musik muss leiser gedreht werden. Auch Sportevents sind an diesem Tag untersagt. Konzerte müssen genehmigt werden, Kabarett- und Zirkusshows sowie private Feiern und auch Hochzeiten sind erlaubt.
TINA SCHNEIDER-RADING