Grenzstreit ums Wasser

von Redaktion

Prozess um Wasserkraftwerk an Geisterklamm bei Mittenwald

Die Leutascher Ache fließt durch die Geisterklamm in Tirol. © IMAGO

Mittenwald/Leutasch – Vor dem Landesverwaltungsgericht in Innsbruck fand gestern eine Verhandlung statt, in der es um das Wasser in der Geisterklamm an der Grenze der Tiroler Gemeinde Leutasch und des bayerischen Marktes Mittenwald ging. Erst 2006 wurde die Klamm, durch die die Leutascher Ache mit azurblauem Wasser und weißer Gischt rauscht, in einem grenzüberschreitenden Projekt mit Stegen und einem Geister-Erlebnisparcours erschlossen. Bis vor 15 Jahren nutzte Tirols Stromkonzern TIWAG die Kraft der Leutasch, um Strom zu erzeugen – bis das Kraftwerk stillgelegt wurde.

Jetzt streiten zwei Parteien um eine neue Nutzung der Wasserkraft in der Klamm: Ein Leutaschaer Privatmann will das über 100 Jahre alte Kraftwerk, das aus einem Wehr 200 Meter vor Beginn der Klamm und einem Einlass oberhalb der Klamm besteht, nun ertüchtigen. Ein Projekt der Wasserkraftwerk-Leutasch-Mittenwald-GmbH, an der die Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen, die kommunale KEW Karwendel Energie & Wasser GmbH, der Markt Mittenwald und die Gemeinde Leutasch beteiligt sind, will viel weiter gehen: Es ist ein neuer Stollen geplant, der das Wasser für die Turbine an der Schlucht vorbeileitet.

Die Befürchtung der Touristiker: In der Geisterklamm ist dann nicht mehr genug Wasser, um eine Touristen-Attraktion zu bleiben. „Die Attraktivität der Geisterklamm muss erhalten bleiben“, sagt Leutaschs Bürgermeister Georgios Chrysochoidis unserer Zeitung. „Das Weißwasser und die Gischt sind unverzichtbar.“ Auch Mittenwalds Bürgermeister Enrico Corongiu sagt: „Wir wollen Mitsprache haben.“ Allerdings gibt er zu bedenken, dass das Kraftwerk 4000 Haushalte regenerativ und krisensicher mit Strom versorgen könne. Der Privatinvestor will 420 Haushalte in Tirol versorgen.

Laut Susanne Wagner, technische Leiterin der Gemeindewerke Garmisch-Partenkirchen, soll die neue bayerische Turbine auf bis zu 3100 Liter Wasser pro Sekunde ausgelegt sein, die dann in der Schlucht fehlen. „In der Leutascher Ache sollen im Winter mindestens 850 Liter pro Sekunde und im Sommer 800 Liter verbleiben“, erklärt Wagner weiter. „Dazu werden im Winter zehn und im Sommer 20 Prozent des jeweiligen Zuflusses hinzukommen.“ Laut Chrysochoidis liegt die Niedrigwasserschwelle bei 1000 Litern. Doch Wagner sagt: „Ich glaube schon, dass die Geisterklamm weiterhin erlebbar bleibt.“

Im März genehmigte das Land Tirol das bayerische Projekt, der Leutascher Konkurrent legte Beschwerde ein. Gestern folgte die Verhandlung. „Die Verhandlung war konstruktiv“, so Wagner. Das Gericht wolle sein Urteil aber erst „zeitnah“ verkünden.
JOHANNES WELTE

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