Bayern wächst – aber wie stark?

von Redaktion

Bayern wächst, die Innenstädte sind voll – wie hier die Theatinerstraße in München. © dumont/pa

München – „Erfolgsgeschichte“ war eine Vokabel, die Finanz- und Heimatminister Albert Füracker (CSU) am Montag häufiger bemühte. Gut zehn Jahre nach der Umbenennung des Finanzministeriums in das Finanz- und Heimatministerium und der Gründung einer Zweigstelle in Nürnberg zog der Minister ein Fazit, das – wenig erstaunlich aus seiner Sicht – rundum positiv ausfiel. Vor allem die Behördenverlagerung ist ein Baustein der „Heimatstrategie“, die noch Fürackers Vorgänger Markus Söder 2014 entwickelt hatte. Das Ziel lautet, innerhalb von 15 Jahren 5200 Arbeitsplätze in Behörden und 1330 Studienplätze aufs Land zu verlagern. Bisher sei das bei 59 Behörden und 1940 Personen umgesetzt, betonte Füracker. So hat die Regierung von Oberbayern 2023 einen Dienstsitz in Ingolstadt geschaffen, in dem 80 Beamte arbeiten. Später sollen es sogar 500 sein. In derselben Größenordnung will die Behörde nach Rosenheim verlagern.

Niemand werde dabei zwangsversetzt, alles sei freiwillig. Deshalb dauert es auch länger. Die Strategie sei „auf Jahrzehnte angelegt“, betonte Füracker. „Die Entlastung der Verdichtungsräume bleibt unser Ziel.“ Weiteres Element der Stärkung des ländlichen Raums: der kommunale Finanzausgleich, also Geld, das der Freistaat den Kommunen vor allem auch auf dem Land zur Verfügung stellt. Er stieg seit 2013 um 50 Prozent von acht auf zwölf Milliarden Euro. Ein weiteres Element kommt nicht recht vom Fleck: 2020 hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) als Ziel ausgegeben, München als eigenen achten Regieurngsbezirk zu definieren – bis 2025. Das Innenministerium dazu gestern: „Bei dem achten Regierungsbezirk handelt es sich um ein längerfristiges Vorhaben, wobei gegenwärtig die Verlagerung von jeweils 500 Arbeitsplätzen der Regierung von Oberbayern nach Ingolstadt und Rosenheim vorrangig betrieben wird.

Mehrmals wies Füracker auch auf den Anstieg der Bevölkerung hin. Irritierend war am Montag allerdings, dass er als Beleg die seit dem Zensus 2011 fortgeschriebenen Zahlen nannte. Demnach hat Bayerns Bevölkerung seit 2013 um 830 000 Einwohner auf nunmehr 13,44 Millionen zugenommen, davon mehr als die Hälfte (7,42 Millionen) auf dem Land. Die Prognose für 2042 zeigt demnach sogar, dass dann die 14-Millionen-Marke geknackt werden könnte. Mittlerweile gibt es aber den Zensus 2022, der die Zahlen bundesweit nach unten korrigiert hat – auch für Bayern. Demnach hatte Bayern im November 2023 rund 13,18 Millionen Einwohner statt 13,44, wie sie Füracker am Montag noch nannte. In einer Anmerkung des gestern vorgelegten Heimatberichts wird diese statistische Unregelmäßigkeit auch eingeräumt und entschuldigend erklärt, die Zahlen nach dem Zensus 2022 könnten „frühestens ab 2025 als neue Berechnungsgrundlage“ herangezogen werden.

Das Bevölkerungswachstum dürfte also geringer ausgefallen sein als lange angenommen. Hauptgrund für die Zunahme ist die Zuwanderung von außen – aus anderen Bundesländern und aus dem Ausland, wobei auch die Flüchtlinge eine Rolle spielen. So waren im Dezember 2023 158 700 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Bayern registriert.

Bestandteil der Heimatstrategie ist zudem der Gigabit-Ausbau. 2013 hatten nur 37 Prozent der Bayern schnelles Internet, sagte Füracker. Heute sind es weit über 90 Prozent. Das kostete den Freistaat über 2,5 Milliarden Euro. Allein 100 000 Kilometer Glasfaser wurden dafür verlegt. Gut sei auch die wirtschaftliche Entwicklung. Das bayernweite Bruttoinlandsprodukt habe 2022 die 700-Milliarden-Marke überschritten – 44 Prozent wurden im ländlichen Raum erwirtschaftet.

Die Bilanz der Opposition fiel dennoch kritisch aus. „Viele schöne Zahlen, viele Prestigeprojekte, aber zu wenige konkrete Ergebnisse“, bilanzierte die Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Füracker kehre „einiges unter den Tisch“, etwa mangelnde Kita-Plätze. Auch die Kommunen benötigten „beherzte Unterstützung“, etwa durch eine Kommunalmilliarde.

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