München – Die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts soll umgeschrieben werden: Das neue Forschungsprojekt „NS-Verfolgung und Musikgeschichte“ widmet sich in den kommenden 18 Jahren der Verfolgung von Musikern durch das nationalsozialistische Regime und deren weltweite Folgen. Vom 1. Januar 2025 bis zum 31. Dezember 2042 will das Projekt die Geschichtsschreibung vor dem Hintergrund der NS-Verfolgung revidieren und vervollständigen, teilte die Akademie der Wissenschaften Hamburg am Montag mit.
Für das Projekt kooperieren die Akademie, die Universität Hamburg und die Hochschule für Musik und Theater München. Im Rahmen des Akademienprogramms der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften wird das Langzeitvorhaben mit insgesamt 7,9 Millionen Euro gefördert. Das Projekt konzentriere sich auf Musiker aus dem deutschsprachigen Raum. Es sollen bisher nicht ausgeschöpfte Quellen wie ungedruckte und archivalische Bestände erschlossen werden.
Die Verfolgung von Musikern durch das NS-Regime habe „massiv, dauerhaft und weltweit auf das immaterielle Kulturgut Musik eingewirkt“, hieß es. In Deutschland ebenso wie in den annektierten und besetzten Ländern sei es zu erheblichen Verlusten gekommen. Vor allem die langfristigen Konsequenzen aus der Zwangsmigration von Musikerinnen und Musikern seien „in weiten Teilen unerschlossen“, hieß es. Die herrschende Sicht auf die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts beziehe diese globalen Verwerfungen zu wenig ein.
Im Zentrum des Projekts stehe die Frage, welchen Beitrag Verfolgte zum Musikleben der Zwischenkriegszeit geleistet hätten.