Ein Windrad hinter einer Photovoltaik-Anlage. © dpa
Nabburg – Frank Zeitler ist Bürgermeister im oberpfälzischen Nabburg. Trotzdem, so kritisiert er, haben er und seine Stadträte bei einem wichtigen Thema kaum etwas mitzuentscheiden. Er sieht die Planungshoheit der Kommunen beim Bau von Windkrafträdern oder Photovoltaik-Anlagen gefährdet. Diese Planungshoheit sei eigentlich in Artikel 28 des Grundgesetzes festgelegt. Faktisch jedoch habe seine Kleinstadt kaum noch Einfluss darauf, was auf ihrem Gebiet gebaut werde. Spätestens seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine macht die Bundesregierung Tempo bei der Energiewende. Ab 2022 wurden Gesetze auf den Weg gebracht, die den Bau von Windrädern und Solaranlagen erleichtern. Für Kommunen wie Nabburg hat dies gravierende Folgen.
„In Berlin werden Entscheidungen getroffen, die wir dann vor unseren Bürgern rechtfertigen müssen“, sagt der CSU-Politiker. Nabburg im Landkreis Schwandorf hat zwar nur gut 6300 Einwohner, liegt aber an zwei Autobahnen – der A6 von Nürnberg nach Pilsen und der A93. Dazu kommt die Bahnstrecke Regensburg-Hof. 2021 hatte der Nabburger Stadtrat entschieden, ein Prozent der landwirtschaftlich nutzbaren Flächen im Stadtgebiet für den Bau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen freizugeben. Dieser Beschluss ist inzwischen hinfällig. Nun gelten kilometerlange Streifen entlang der beiden Autobahnen sowie der zweigleisigen Bahnstrecke Regensburg–Hof als privilegierte Flächen für Photovoltaik. Zeitler berichtet, dass die Pachtpreise für diese Flächen deutlich steigen: „Da herrscht Goldgräberstimmung.“
Ähnliches berichtet Bernhard Storath (CSU), Bürgermeister im oberfränkischen Ebensfeld. Die Marktgemeinde mit etwa 5600 Einwohnern im Landkreis Lichtenfels wird von der Autobahn 73 gekreuzt. Außerdem führen zwei Hauptstrecken der Bahn durch die Gemeinde. „Damit sind wir prädestiniert für Investoren, die Freiflächen-Photovoltaikanlagen errichten wollen“, sagt Storath. Ein Investor aus dem Landkreis habe einen Bauantrag gestellt, um auf 35 Hektar PV-Anlagen entlang der Autobahn und der ICE-Strecke zu bauen. „Das Gemeindebild ändert sich dadurch total“, findet der Bürgermeister.
Matthias Simon, Sprecher des Gemeindetages, bestätigt, dass die Privilegierung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen entlang von Bahnstrecken und Autobahnen viele Gemeinden in Bayern betrifft. „Es ist eine Abwägungsentscheidung des Gesetzgebers“, sagt Simon. Die Planungshoheit der Kommunen sei eine wesentliche Steuerungsmöglichkeit für das Ortsbild. Diesem verfassungsrechtlich geschützten Grundsatz stehe der Wunsch des Gesetzgebers nach Ausbau erneuerbarer Energiequellen entgegen. Die Bürgermeister von Nabburg und Ebensfeld betonen, dass sie die Energiewende befürworten – aber eben selbst bestimmen wollen, wie sie diese gestalten.
DPA