Rektor mit Ideen: Reiner Geißdörfer hat an seinem Gymnasium in Nürnberg ein Bußgeld für Schüler eingeführt, die ständig und unentschuldigt zu spät kommen. © Daniel Vogl
Nürnberg – Als im Frühsommer der Schuldirektor des Dürer-Gymnasiums in Nürnberg, Reiner Geißdörfer, ankündigte, künftig gegen Schüler, die ständig und unentschuldigt zu spät kommen, ein Bußgeld von fünf Euro zu verhängen, war der Aufschrei bei Eltern und Schülern groß. Mittlerweile aber haben sich die Wogen geglättet, und nicht nur das Fazit de Schulleiters fällt positiv aus. Auch von der Schülervertretung ist zu hören, dass die Zahl der Zuspätkommer deutlich zurückgegangen sei.
Bei dem Fünf-Euro-Bußgeld gehe es nicht um eine Strafe, stellt Geißdörfer klar. „Es ist nicht so, dass wir die Peitsche auspacken und draufhauen“, sagt er. Was ihn umtreibt, ist, dass die Zahl der Schüler, die notorisch zu spät zum Unterricht erscheinen oder gar nicht kommen, in den letzten Jahren stetig angestiegen ist. Vielen dieser Schüler seien Verweise egal, sagt er. „Aber die fünf Euro Bußgeld ärgern die richtig.“
2023 wurden dem Nürnberger Schulreferat 1500 Unterrichtsversäumnisse wegen Zuspätkommens oder des Fehlens an ganzen Tagen angezeigt. Im Jahr zuvor waren es 1250. Zum Vergleich: Im Jahr 2019, also vor der Corona-Pandemie, lag die Zahl der Unterrichtsversäumnisse bei 800. Bayernweit werden Zahlen und Daten von notorischen Schulschwänzern laut Kultusministerium nicht erfasst.
Verhängt werde das Bußgeld am Dürer-Gymnasium aber erst als letztes Mittel, betont Geißdörfer, wenn alle anderen Maßnahmen wie Gespräche mit den Eltern, den Schulpsychologen und Sozialpädagogen keine Wirkung zeigen würden. Wer ein Mal zu spät kommt, der muss also auch am Dürer-Gymnasiums nicht gleich mit der Geldstrafe rechnen. Bisher, sagt Geißdörfer, wurde das Bußgeld nur in Einzelfällen von Schülern kassiert. Die Regelung selbst gilt an der Schule für die 9. bis 11 Klasse.
Birgit Bretthauer, Vorsitzende der Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern, äußerte Verständnis für die Maßnahme der Geldstrafe. „Ich kann das zu einem gewissen Teil nachvollziehen, auch wenn ich mir wünschen würde, dass wir solche Regelungen nicht bräuchten“, sagt sie. Aber es gebe eben einen kleinen Prozentsatz an Schülern, der mit den normalen Mitteln der Schule nicht mehr zu erreichen sei. Ein Problem seien dabei aber auch die Eltern. „Ich habe den Eindruck, dass es bei einigen Eltern kein Unrechtsbewusstsein mehr gibt, was die Schulpflicht ihrer Kinder angeht“, sagt sie. „Die finden es nicht schlimm, wenn ihr Kind zu spät oder auch mal gar nicht zum Unterricht erscheint.“
Auch andere Schulen haben Konsequenzen aufgrund der hohen Fehlzeiten ihrer Schüler gezogen. Bretthauer weiß von einigen Gymnasien, die die Attestpflicht eingeführt haben. Schüler müssen ab dem ersten Fehltag eine Bescheinigung des Arztes vorlegen. Aber auch das Nürnberger Modell der Geldstrafe scheint auf Interesse zu stoßen. Geißdörfer berichtet von einigen anderen Schulleitern, die sich bei ihm gemeldet hätten, um das genaue Prozedere zu erfragen.
Bewirkt habe die Geldstrafe vor allem, berichtet Geißdörfer, dass es jetzt eine größere Aufmerksamkeit für das Problem gebe. Es werde nun lückenlos digital dokumentiert, welche Schüler im Unterricht unentschuldigt fehlten oder zu spät erschienen. Das diene auch der Früherkennung. „Wenn Schüler auffallen, ist es meist schon zu spät.“ Bei etwa fünf bis zehn Prozent seiner Schüler beobachte er ein Desinteresse an der Schule, was dazu führen könne, dass diese trotz Begabung keinen Schulabschluss schafften. Vonseiten der Schüler ist das bisherige Fazit ebenfalls positiv. „Die meisten Schüler betrifft das Bußgeld nicht“, sagte ein Schülersprecher. „Es sind Einzelne, die ständig zu spät gekommen sind.“ Aber das hätte sich in den letzten Monaten verbessert.