Er liebt seinen Beruf – die Kunden nicht immer. Franz Weimeiers Buch „Nur noch 10 Jahre … bis zur Rente“ ist im R.G. Fischer Verlag erschienen (ISBN 978-3-8301-1943-2, 292 Seiten, 24,90 Euro). © klaus haag
Kaufering – Franz Weimeier ist Jahrgang 1966 und ein Handwerker vom alten Schlag. Als angestellter Heizungskundendiensttechniker kommt er viel rum und erlebt schöne, aber auch nervige Dinge. Darüber hat der Handwerker aus Kaufering (Landkreis Landsberg) jetzt ein Buch geschrieben. Im Interview erzählt er warum.
Sie sind Heizungskundendiensttechniker. Warum haben Sie jetzt ein Buch geschrieben?
Es passieren unglaublich viele lustige Geschichten in meiner Firma oder mit meinen Kollegen, das wollte ich auf Papier festhalten. Man vergisst so viel wieder. Das Buch ist aber auch ein Hilferuf des Handwerks. Wir werden große Probleme bekommen. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge wie meiner, ich bin 1966 geboren, in Rente gehen, bedeutet das einen gravierenden Facharbeitermangel. Für uns alle ist es schlimm, dass die Politik dafür keine vernünftigen Lösungen hat. Besonders primitiv ist die Rente mit 69 oder noch älter.
Ihr Buch heißt „Nur noch 10 Jahre … bis zur Rente“. Freuen Sie sich jetzt schon auf den Ruhestand?
Ich arbeite unheimlich gerne, aber ich kann mir nicht vorstellen, länger zu arbeiten als ich muss. Ein Handwerker ist mit 60, 62 einfach am Ende, gerade wenn er auf dem Bau gearbeitet hat. Da sind Knie und Kreuz fast zwangsläufig kaputt, auch wenn es Ausnahmen gibt. Mir persönlich geht es gut, ich bin sportlich, gehe viel in die Berge, bin fit. Aber ich habe viele Kollegen, bei denen es nicht mehr lange gut geht.
Ihr Alltag ist anstrengend, nicht nur körperlich. Sie schreiben, dass Sie bei einer Kundin sogar Hausverbot haben. Wie kam das denn?
Ich bin gradraus, damit eckt man manchmal bei der Kundschaft an. Dieser Kundin habe ich mal gesagt, sie soll gefälligst ihre Hunde wegsperren, wenn ich an ihrer Heizung arbeite. Dann hat sie sich bei der Firma beschwert. Seitdem darf ich nicht mehr kommen, aber das ist halt so. Ein anderer Kunde hat mich mal in einer Internet-Bewertung schlecht gemacht. Das hat mich ganz schön geärgert. Sie können mich anrufen und mich kritisieren, aber anonym zu lästern, geht gar nicht.
Gilt der Handwerker heutzutage denn noch was?
Wir sind nicht mehr angesehen. Wir sind teuer und machen Dreck, so denken viele. Ein Kollege war mal bei einer Kundschaft zum Kundendienst, da stand der zehnjährige Bub interessiert daneben und meinte, so was will ich auch mal machen. Dann kam die Mutter und sagte: Sowas Schmutziges brauchst du nicht machen, du machst mal was Besseres. Das ist respektlos.
Brotzeit für den Handwerker – gibt es so was noch?
Die ältere Kundschaft bietet mir oft noch was zu essen oder trinken an. Oder geben Trinkgeld. Zu manchen komme ich schon seit vielen Jahren, mit denen verbindet mich fast eine Freundschaft, manchmal trinken wir zusammen einen Kaffee. Die jüngere Generation ist nicht so großzügig, die schaut eher, wann kommt er, wann fährt er wieder, schreibt er zehn Minuten zu viel auf…da wird dann gleich ganz kritisch nachgefragt.
Sie sind Vegetarier – was, wenn Sie eine Leberkassemmel in die Hand gedrückt bekommen?
Meistens habe ich eh Brotzeit dabei, aber ich sage dann einfach, dass ich lieber eine Käsesemmel hätte.
Welcher Kunde ist Ihnen lieber: der, der keine Ahnung hat, oder der, der mitgschaftelt?
Eigentlich der Erstere. Ich rede zwar gerne mit den Kunden und erkläre, was ich mache. Aber es gibt viele Leute, die sich im Internet schon vorher informieren und mich dann ständig beaufsichtigen und jeden Arbeitsschritt verfolgen. Das ist schwierig. Aber ich sage denen dann einfach höflich, dass ich gerne meine Ruhe hätte und dass sie gerne immer mal wieder in den Keller kommen können. Das funktioniert meistens.
Haben Sie Kunden, zu denen Sie besonders gerne fahren?
Ja, klar. Einer Frau in Königsbrunn richte ich schon lange die Heizung. Ich hab ihr mal gesagt, dass wir uns schon 25 Jahre kennen. Sie meinte, oh, dann haben wir ja Silberhochzeit. Und sie hat mich spontan umarmt. Diese kleinen Gesten sind wichtiger als Trinkgeld.
Rücken Sie nachts oder am Wochenende aus?
Ich habe alle vier Wochen Bereitschaftsdienst am Wochenende. Da fahren wir jeden an, bei dem das Haus kalt ist. Es gibt auch Kunden, die mich direkt privat anrufen, damit es schneller geht. Das gehört dazu. Ich bin auch schon mal für eine Bäckerei morgens um drei Uhr ausgerückt, als bei denen was kaputt war. Das ist selbstverständlich: Bei solchen Betrieben geht es um jede Stunde.
Wenn Sie noch mal jung wären, würden Sie wieder Handwerker werden?
Ja, natürlich. Ich komme aus einer Handwerkerfamilie, mit 15 kam ich in die Lehre. Erst habe ich Elektriker gelernt, aber das hat mir nicht so gefallen. Heizung war dann genau das Richtige für mich, das ist mein Traumberuf. Aber für die jungen Leute müsste es mehr Gehalt geben. Ein Handwerker muss genauso viel verdienen wie ein Informatiker.
Sie schildern im Buch viele Szenen sehr genau. Sind die alle so passiert?
Ja. Aber ich will keinen in die Pfanne hauen, die Namen sind geändert. Mein Chef hat das Buch schon gelesen, er fand es nicht so super, dass ich da einiges ausplaudere. Aber mir war wichtig, dass jeder einen Eindruck bekommen kann, wie ein Handwerker so tickt.