Sie liebt ihre Tiere: Hannah Keplinger ist seit Anfang des Jahres Landwirtin im Nebenerwerb.
Hof gesucht, Bonus-Großeltern gefunden: Petra und Stephan Sollmann haben die Landwirtschaft von Erna und Leonhard Mertenschlager übernommen. Ihr neunjähriger Sohn ist glücklich, dass er auf einem Bauernhof aufwachsen darf. © Daniel Delang
Feinschluck/Höhenmoos – In einer Zeit, in der viele Landwirte Sorgen haben, dass sie keinen Nachfolger für ihren Hof finden, sind Petra und Stephan Sollmann so etwas wie der Jackpot. Zwei junge Menschen, beide auf einem Bauernhof aufgewachsen, beide Landwirte mit Leib und Seele – aber ohne Hof. „Wir wären bereit gewesen, bis nach Österreich oder weiter zu ziehen, um einen Hof zu übernehmen“, sagt die 40-Jährige. Die Landwirtschaft ihres Vaters hatte bereits ihr Bruder übernommen. „Und die von meinem Schwiegervater war zu klein, um daraus den Betrieb zu machen, den wir uns vorgestellt haben.“ Die beiden gaben überall Anzeigen auf. Und dann, als sie bereits mit einem Landwirt in Verhandlung waren, hat der Zufall ein wenig nachgeholfen. Über einen Bekannten erfuhren die Sollmanns, dass es ganz in der Nähe ein älteres Ehepaar gibt, das gerade die Pächter verloren hatte und nach jemandem sucht, der den Hof übernehmen möchte.
Erna und Leonhard Mertenschlager lebten nur fünf Kilometer entfernt im mittelfränkischen Feinschluck. Als Petra Sollmann sie anrief, vereinbarten sie sofort ein Treffen. Rückblickend sagt Leonhard Mertenschlager: „Es war Liebe auf den ersten Blick.“ Auch die Sollmanns hatten sofort ein gutes Bauchgefühl – es hat sie nicht getäuscht.
Doch nicht nur in menschlicher Hinsicht waren sie sicher, einen Volltreffer gelandet zu haben. Die 20 Hektar große Landwirtschaft, die die Mertenschlagers im Nebenerwerb geführt hatten, war genau das, wonach Petra und Stephan Sollmann gesucht hatten. „Wir haben sehr offen darüber gesprochen, was wir uns vorstellen.“ Zum Beispiel den Hof auf Bio umstellen. Die Mertenschlagers waren genauso offen, hatten die Einnahmen- und Ausgaben-Zahlen dabei.
Dieses erste Gespräch liegt über elf Jahre zurück. Die Sollmanns heirateten auf dem Hof, wenige Tage später zogen sie bei den Mertenschlagers ein. „Wir sind so etwas wie eine Mehrgenerationen-WG“, sagt Petra Sollmann und lacht. Die Senioren wohnen oben, die Sollmanns unten. Mittlerweile sind auch zwei Kinder auf der Welt. „Erna und Leonhard sind unsere Bonus-Großeltern“, sagt die 40-Jährige.
Sie haben den Sollmanns das Eigentum am Hof übertragen. Einen Kauf hätte das junge Paar finanziell nicht stemmen können, also einigten sie sich auf die Zahlung einer Leibrente. Die Mertenschlagers leben gut versorgt auf ihrem Hof – und können jeden Tag beobachten, wie ihre Nachfolger mit Weitblick und Liebe zur Landwirtschaft den Betrieb weiterentwickeln. Inzwischen ist sogar eine Gaststätte dazugekommen. „Klar, es sind oft lange und anstrengende Tage“, sagt Sollmann. „Aber es ist auch eine sehr erfüllende Arbeit. Man weiß, was man gemacht hat.“ Diese Begeisterung hat sich bereits auf ihren neunjährigen Sohn übertragen. Vielleicht wird es für den Hof der Mertenschlagers also sogar eine nächste Generation geben.
Diese Erfolgsgeschichte ist kein Einzelfall. Auch Hannah Keplinger und Matthias Zimmer aus Höhenmoos im Chiemgau haben lange von einer Landwirtschaft geträumt – und konnten sich diesen Wunsch Anfang des Jahres erfüllen. Zumindest auf Zeit. Sie haben einen kleinen Hof in Aschau gepachtet. Noch können sie von der Landwirtschaft nicht leben, aber der Betrieb wächst stetig. „Wir haben im Stall angebaut und inzwischen neun Kühe und sieben Schafe“, sagt die 21-Jährige.
Beide arbeiten hauptberuflich in der Altenpflege. Die Landwirtschaft führen sie im Nebenerwerb. „Der Hof hat uns gefunden“, erzählt der 26-Jährige. Die beiden hatten schon eine Weile gesucht, als sie bei Ebay angeschrieben wurden, dass der Hof frei wird. Knapp 2000 Euro zahlten sie für das Anwesen und die umliegenden Weideflächen. Der Weg zum Nebenerwerbs-Landwirt war nicht immer einfach, erzählen sie. Viele Anträge, viele Behördengänge. Vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gibt es Fördermittel. Und vom Bauernverband Beratung und Unterstützung. Die beiden jungen Landwirte blicken voller Optimismus in die Zukunft. Sie wollen einen Mutterkuhbetrieb aufbauen. Dafür belegen sie nun Kurse im Bildungsprogramm „Landwirt für Quereinsteiger“.