Ingolstadt – Mehrere Fraktionen und Gruppen im Ingolstädter Stadtrat beabsichtigen, dem früheren „Donaukurier“-Herausgeber Wilhelm Reissmüller die Ehrenbürgerwürde posthum abzuerkennen. Sie begründen dies mit einer kürzlich erschienenen Veröffentlichung über die Rolle Reissmüllers (1911–1993) während der Zeit der Nazidiktatur. „Sobald neue Erkenntnisse zu einer NS-Belastung von ehemals als Ehrenbürger ausgezeichneten Personen vorliegen, müssen zeitnah politische Konsequenzen erfolgen“, heißt es in dem Antrag unter anderem der Fraktionen von Grünen und SPD.
In dem Stadtratsantrag heißt es, Reissmüller sei Verlagsleiter einer NS-Propagandazeitung gewesen, in welcher gegen von den Nazis verfolgte Gruppen „auf menschenverachtende Weise gehetzt wurde“. Nach dem Krieg habe der Verleger seine NS-Vergangenheit verschwiegen und geleugnet. Dies hatte der Historiker Thomas Schuler in einem Beitrag in der Reihe „Täter, Helfer, Trittbrettfahrer“ (Band 17, Kugelberg Verlag) mit neuen Fakten dokumentiert. Über die NS-Vergangenheit Reissmüllers wird seit Jahren diskutiert. Ende 2022 hatte die Stadt beschlossen, die Zeit Ingolstadts im Nationalsozialismus weiter wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Diese Untersuchung ist bislang nicht abgeschlossen.
MM/DPA