Da geht Wintersportlern ein Herz auf: Das Gletscherskigebiet Sölden im Ötztal. © Picture-Alliance
München – Ausbremsen könnte den bislang florierenden Tourismus in den Alpen die anhaltende Wirtschaftskrise. Ökonomen und Fachleute vermuten, dass die Verbraucher verunsichert sind und deswegen lieber ihr Geld auf die Seite legen, anstatt es auszugeben. Diese Zurückhaltung könne sich auch auf Österreich und die Schweiz auswirken, wohin es in der Regel auch viele Bayern zu diversen Winterurlaubsorten zieht. Insgesamt stellen dort deutsche Gäste eine der größten Gruppen.
Vor allem Skiferien sind teuer. Eine alte Faustformel lautet: Eine Woche im Skigebiet kostet so viel wie drei Wochen Sommerurlaub. So spart man eher an den Winter- als an den Sommerferien. Laut Dennis Utzerath, Tourismus-Fachmann der Unternehmensberatung Boston Consulting Group, hat der Haupturlaub einen hohen Stellenwert. „Die Leute wählen dann aber günstigere Ziele“, sagt er. „Was leidet, sind die Kurzreisen, der Zweit- und Dritturlaub.“
Eine Reiseanalyse der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen in Kiel hat ergeben: In den vergangenen beiden Jahren zeigte sich ein Trend zur Beschränkung auf eine Haupturlaubsreise im Jahr. In der Jahresplanung gibt es also Abstriche. „Nun wird häufiger Wert auf eine Hauptreise gelegt, bei der sich die Reisenden etwas gönnen möchten und nicht zu sehr auf den Preis achten“, sagt Tourismusforscherin Friedericke Kuhn. „Da der Ski-Urlaub häufig eine Zweitreise neben dem Haupturlaub im Sommer darstellt, lässt sich hier ein Rückgang vermuten.“
Dass es jüngst in den Alpen zwar vielerorts an Schnee fehlte, schreckte die Gäste offenbar nicht ab. Allein das Schweizer Bundesamt für Statistik meldete für Januar, Februar und März 2024 im Vergleich zur Vorsaison einen kräftigen Anstieg der Logiernächte. Dazu trugen auch Urlauber aus Bayern bei.
Derzeit wird allgemein stärker gespart. Das wundert Jürgen Michels, den Chefvolkswirt der BayernLB: „Die Löhne sind 2024 stärker gestiegen als die Inflation.“ Die Konsumenten hielten sich trotz höherer Realeinkommen zurück.
Bei Reisen von Deutschland nach Österreich und in die Schweiz sei zu erwarten, „dass das nicht so gut wie im vorigen Winter läuft“, prophezeit Experte Utzerath. Der Buchungseingang in der Hotellerie sei schwach. Allerdings sei noch mit Interessenten zu rechnen, die sich kurzfristig für eine Urlaubsreise entschieden.
Unter den deutschen Hoteliers ist die Stimmung in diesem Herbst schlechter als in den beiden Vorjahren, wie Konjunkturumfragen des Münchner Ifo-Instituts darlegen. „Zum einen scheinen die Verbraucher dem Rückgang der Inflationsrate noch nicht so recht zu trauen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. Zum anderen wachse die Sorge um den Arbeitsplatz. Hinzu kommt ein weiterer Effekt: Während der Corona-Pandemie waren innerdeutschen Ziele gefragt, jetzt zieht es die Deutschen wieder vermehrt in größere Fernen. In Reisebüros, die Reisen in Fern- und Überseeziele vermitteln, herrscht mehr Zuversicht als in der Beherbergungsbranche.
Bedeutendstes deutsches Winterurlaubsziel ist Bayern, dort ist die Stimmung in der Branche gedrückt. „Die Hotellerie spürt die konjunkturelle Lage, es gibt Konsumzurückhaltung“, sagt Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga im Freistaat. „Den Betrieben laufen die Kosten aus dem Ruder. Die Ertragssituation ist äußert schwierig – Personal, Energie, Lebensmittel, alles ist erheblich teurer geworden, hinzu kommt die Mehrwertsteuererhöhung.“ Das bestätigt Utzerath: „Das Thema Kostensteigerung macht den Hotels ganz gewaltig das Geschäft kaputt.“