Bande schleuste 2000 Menschen ein

von Redaktion

Wie hier werteten die Ermittler im Fall der Schleuserbande Handydaten aus. © Bundespolizei

Bei Grenzkontrollen wie hier in Freilassing ziehen Polizisten immer wieder Schleuser aus dem Verkehr. © Sachelle Babbar

Passau – Wenn sich zwei Schleuser Handy-Nachrichten schicken, dann liest sich das zum Beispiel so: „Von Wien nach Deutschland 30 km reinfahren, pro Person 600 Euro Anzahl der Personen 15 Stück.“ Antwort nach Sekunden: „Ok.“ Später am Nachmittag dann ein Nachtrag: „Assad, es sind nicht 15 sondern 21 mit den Kindern. Gut Bruder?“

Tausende Nachrichten wie diese haben bayerische und österreichische Polizisten im vergangenen Jahr ausgewertet – so gelang es den Ermittlern, eine international agierende Schleuserbande zu zerschlagen. Sie soll zwischen Frühjahr und November 2023 rund 2000 Menschen entlang der Balkanroute nach Mitteleuropa geschleust haben – zum Teil in Fahrzeugen, die alles andere als verkehrssicher waren. In manchen Autos wurden die Sitze ausgebaut, bis zu 17 Personen wurden darin gestapelt wie Ware. Die Polizei schätzt, dass die Bande mit den Schleusungen vier Millionen Euro verdiente. Doch eine Kontrolle nahe der bayerischen Grenze stoppte das illegale und skrupellose Geschäft.

17. Oktober 2023, kurz nach Mitternacht. Einer Streife der Bundespolizei fällt bei Jandelsbrunn, einem kleinen Dorf hinter Passau, ein 3er BMW mit schwedischer Zulassung auf. Die Beamten stoppen das Auto und merken schnell, da stimmt was nicht. Hinten sitzen drei türkische Staatsangehörige, außerdem ein Baby, ungesichert. Vorne zwei Syrer – die Schleuser. Die Polizisten nehmen sie fest und beschlagnahmen die Handys. Ein Glücksgriff, wie sich später herausstellt. „Zig Gigabyte Daten wurden ausgewertet“, sagt ein Sprecher der Bundespolizeidirektion München. Textnachrichten, Sprachnachrichten, Kontakte. Unverschlüsselt, unverblümt: „8 Personen sind in der Slowakei. Willst du sie nach Deutschland bringen? Für 8 Personen bekommst du 4000 und dann schau mal.“ Etwas später: „Schau mal, warte es gibt 15. Fahr los, schau und du sollst jetzt ein Zimmer mieten oder eine Wohnung und schau mal wie sind die Umstände.“ Auch um den Preis wird gefeilscht: „Ich habe eine Gruppe von 24 Personen, eine Gruppe 18 Personen, eine Gruppe 15,5 Personen, alle möchten nach Deutschland. Gib mir bitte den letzten Preis. 1400 das du verlangt hast, das ist zu viel, du weisst doch schon, dass die Preise zurückgegangen sind.“

Nach und nach stoßen die Ermittler auf ein ganzes Netzwerk, zu dem 17 Schleuserfahrer unter anderem aus Dänemark und Schweden gehören, ein Fuhrparkverwalter, zwei Wohnungsvermittler für sogenannte Bunkerwohnungen, in denen die Geschleusten geparkt wurden, bis wieder eine Schleusung möglich war. Auch sieben Hawala-Banker, die über ein ausgeklügeltes System illegale Geldflüsse ermöglichten, gehen ins Netz. Die meisten Tatverdächtigen kommen aus Syrien. Unterstützt wurden die bayerischen Polizisten von Kollegen auf österreichischer Seite, die ebenfalls Schleuser aus der Bande erwischten. Am Montag präsentierten die Ermittler beider Länder ihren Erfolg auf einer Pressekonferenz in Passau.

Einer der Haupttäter, der syrische Schleuser von Jandelsbrunn, hat seine Strafe bereits bekommen: Er wurde im November 2024 vom Landgericht Passau zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt. Weitere Mitglieder der Bande wurden in Deutschland und Österreich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Einige Mittäter befinden sich laut Polizei noch in Untersuchungshaft oder werden international gesucht.

Auch die kriminellen Machenschaften eines Schleusers aus der Türkei endeten im Gefängnis. Wie die Staatsanwaltschaft Traunstein gestern mitteilte, wurde ein vorbestrafter 32-Jähriger zu zehneinhalb Jahren Haft verurteilt. Er organisierte mindestens elf Schleusungen, bei denen 80 Personen über verschiedene Grenzübergänge nach Deutschland gebracht wurden. Darunter waren zehn Kinder.

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