Unterwegs mit Bergblick: Eine Frau fährt in der Werdenfelsbahn zum Wandern. Die fünf Freunde und Autoren des Wanderführers „Natürlich mit Öffis“ bezeichnen einen Ausflug wie diesen als „Bergsafari“. © Rother-Verlag (3)
München – Alles begann mit einem Experiment. 2008 verkauft der Münchner Michael Vitzthum sein Auto. „Ich wollte einfach sehen, wie weit ich ohne komme“, erzählt der heute 52-Jährige. Die Großstadt beschert ihm damals keine Probleme. Anders als seine Leidenschaft – die Berge. „Anfangs war es gewöhnungsbedürftig, für jede Wanderung erst mal alle Bahn- und Bus-Verbindungen zu recherchieren. Aber ich habe es mir zur Herausforderung gemacht, meinem Hobby nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln nachzugehen.“
Seitdem hat sich auch viel verändert. „Die Taktung vieler Buslinien ist dichter und Apps geben heute zuverlässig Auskunft über Ankunfts- und Abfahrtszeiten sowie Anschlussmöglichkeiten“, sagt Vitzthum. „Ein großer Schritt war zuletzt die Ausweitung des MVV-Bereichs.“ Und das Deutschlandticket bringt derzeit mehr Bergsteiger denn je per Bus und Bahn zum Gipfelglück. „Aber mir geht‘s gar nicht um die effektive Ersparnis in Euro oder Minuten“, sagt Vitzthum. „Ich will den Ausflug als Abenteuer sehen. Die Reise geht daheim an der Haustür los und gehört wie das entspannte Frühstück im Zug und die Wanderung selbst mit zum Gesamterlebnis.“
Das Wort „Bergsafari“ fasst dieses sanfte Unterwegssein für Vitzthum perfekt zusammen – auch, weil er dank der „Öffis“ ganz neue Touren entdecken konnte. „Großartige Durchquerungen und Überschreitungen sind erst ohne Auto möglich, weil sie ja unterschiedliche Ausgangs- und Endpunkte haben.“ Plötzlich geht es nicht mehr um „Rauf und Runter“, sondern um „Durchqueren“ dank gründlicher Tourenplanung samt passendem Ticket und Zeitpuffer.
38 Bergsafaris haben Vitzthum und seine Bergfreunde Heidemarie Isele, Andreas Kaiser, Angelika Feiner und Rüdiger Köhler in ihrem neuen Buch „Natürlich mit Öffis. Die besten Bergtouren ab München mit Bus und Bahn“ zusammengefasst. Die Touren sind nicht nur alle mit der öffentlichen Verkehrsanbindung, Kartenausschnitten und GPS-Tracks versehen, sondern auch in drei Schwierigkeitsgrade unterteilt.
Einsteiger können etwa auf der „Geigelstein-Safari“ vom Priental ins Tal der Tiroler Achen wandern. Im „Voralpen-Express“ geht es für geübte Wanderer ganz ohne Parkplatz-Chaos auf die Panorama-Tour vom Herzogstand auf den Heimgarten. Und allen mit extra viel Puste und Schmalz in den Wadln schlägt der neue Wanderführer etwa die Überschreitung der Soierngruppe vor – elf Stunden und 2100 Höhenmeter Bergglück im Vorkarwendel. Die einfachen, kürzeren Touren lassen sich bei wenig Schnee auch jetzt im Winter gut erkunden.
„Rund 80 Prozent der CO2-Emissionen, die beim Bergsport entstehen, gehen auf das Auto zurück“, sagt Vitzthum. Allein um den ökologischen Fußabdruck geht es ihm aber nicht. Er denkt auch an die, die an Hotspots wie dem Walchensee leben. „Jedes Auto verursacht Lärm und Stau, was Anwohner genauso wie Natur und Tiere belastet. Unsere Bergsafaris sollen inspirieren, fernab der Hotspots unterwegs zu sein und die Bergwelt so entlasten.“
CORNELIA SCHRAMM
Das Buch
„Natürlich mit Öffis. Die besten Bergtouren ab München mit Bus und Bahn“, Rother, 248 S., 24,90 Euro.