Neues Luxus-Dorf am Tegernsee

von Redaktion

Ortsbesuch auf Deutschlands größter Hotel-Baustelle: Seegut öffnet 2028

Thomas und Andreas Strüngmann im Jahr 2003. Damals waren die Zwillingsbrüder Vorstand der Hexal AG. © Pohlmann/dpa

Die Gebäude entstehen in Holzbauweise, hier sieht man den fertigen Entwurf des Gutshauses. © Seegut

Mega-Baustelle: Stephan Heller steht da, wo bis 2028 das Luxus-Hotel Seegut entsteht. © THOMAS PLETTENBERG

Viel Holz und viel Grün am See: Die Visualisierung zeigt das Wirtshaus und die Kunstscheune in der Mitte des Seegut-Areals. © Privat/Seegut (2)

Bad Wiessee – Stephan Heller blickt auf die größte Baustelle, die Bad Wiessee je gesehen hat. Sechs Krane hieven Betonplatten, Stahlpfeiler und Rohre durch die Luft. Am Boden wuseln Warnwesten. Laster rangieren. „Das ist das momentan größte Hotelbau-Projekt Deutschlands“, sagt der 63-Jährige. Wer wie Heller am Rand der Mega-Baustelle vier Treppenabsätze erklimmt, kann das Treiben von oben auf einer Plattform beobachten. „Betreten auf eigene Gefahr“ steht da, aber das Türmchen ist für Passanten schon eine Attraktion. Alle sind neugierig, was auf dem Filetgrundstück direkt am Ufer des Tegernsees passiert.

Denn die Bauherren sind keine Unbekannten: die Hexal-Gründer und Biontech-Investoren Andreas und Thomas Strüngmann. Die heutigen Milliardäre sind am Tegernsee aufgewachsen und stecken jetzt enorm viel Geld in das gut 3,5 Hektar große Areal in Wiessee, auf dem sie 2028 das Hotel „Seegut am Tegernsee“ eröffnen wollen. Die Investitionssumme wird auf über 200 Millionen Euro geschätzt. „Hier entsteht ein Hotel im absolut gehobenen Super-Luxus-Segment. Es wird kosten, was es kostet“, sagt Heller, Sprecher der Strüngmann-Firma Athos.

In welcher Liga das Projekt am Tegernsee spielen soll, ist schon jetzt klar. Heller zählt einige der luxuriösesten Adressen Deutschlands auf: Schloss Elmau bei Garmisch-Partenkirchen, das Severin*s auf Sylt oder das Weissenhaus an der Ostsee. Hotel-Champions-League soll es sein. Sämtliche international renommierten Hotelbetreiber hätten bereits Interesse am Seegut angemeldet. Wer den Zuschlag kriegt, steht noch nicht fest. „Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die Familie selbst als Betreiber auftritt.“ Denn hinter den Zwillingsbrüdern, Jahrgang 1950, stehen Kinder und Enkel. „Das Seegut ist ein Herzblut-Projekt der nächsten Generation“, sagt Heller. „Die ganze Familie ist deshalb extrem auf Harmonie bedacht, alle wollen gut mit Nachbarn und Gemeinde auskommen.“

Das Areal ist geschichtsträchtig. Früher stand hier das Hotel Lederer, in dem 1934 der Röhm-Putsch stattgefunden hat. 2016 hatte der Erstentwurf für ein neues Strüngmann-Hotel im Tal keine Freunde gefunden. Zu hoch, zu breit, zu wuchtig – ein Fremdkörper in der Landschaft. Woran die Bauarbeiter jetzt werkeln, hat aber nichts mehr mit einem Betonklotz zu tun. Hier entstehen 25 Einzelgebäude in ökologischer Holzbauweise, die sich optisch ins Ortsbild einfügen sollen. Dazwischen Grünflächen, Kiefern und Bergahorne.

Photovoltaikanlagen versorgen später die Gebäude mit Strom. Wärme- und Kältebedarf wird durch „Seethermie“ gedeckt. „Eine CO2-reduziertere Energieversorgung gibt es aktuell nicht. Was am Zürich- und Vierwaldstättersee Alltag ist, ist hier eine Premiere“, erklärt Heller und deutet vom Turm Richtung Ufer. „Ein Rohr pumpt Wasser ab, ein zweites pumpt es in den See zurück. Es gibt keinen Sog – Flora, Fauna werden nicht gestört.“

Die Beschlüsse zum Seegut hat der Wiesseer Gemeinderat mit großer Einigkeit gefasst. Bürgermeister Robert Kühn (SPD) sprach beim Spatenstich im November von einem „Leuchtturmprojekt“ für die Region. Landrat Olaf von Löwis (CSU) lobte das nachhaltige Konzept. In der 5000-Einwohner-Gemeinde entsteht ein neuer Ortsteil: im Norden der Hotelbereich, im Süden dreigeschossige Häuser mit 34 Wohnungen, die vermietet, aber vom Hotel bespielt werden. Dazwischen das Herzstück der Anlage: ein Gastro- und Kulturbereich mit Läden, Wirtshaus, Biergarten mit Seeblick und einer Kunstscheune für Konzerte und Ausstellungen. „Das wird ein Dorf im Dorf mit einem Marktplatz. Und auch das Seeufer bleibt für die Öffentlichkeit zugänglich“, sagt Heller.

Wo die Tiefbauarbeiter jetzt gerade noch Rohre und Leitungen verlegen, sollen künftig hunderte Ausflügler, Gäste und Mitarbeiter in einer Tiefgarage parken können. Das Hotel bietet am Ende 170 Betten in 86 Zimmern, Suiten und Privathäusern für Gruppen an. Es wird ein Spa mit Waldbad, Schwimmscheune und einen Yoga-Pavillon geben.

Im Ort werden ehemalige Hotels zu 100 Wohnungen für Mitarbeiter umgebaut. „Die Familie will weiteren Wohnraum für Angestellte dazugewinnen“, sagt Heller. Denn in der Super-Luxushotellerie kommen auf einen Gast stets mehrere Mitarbeiter. „Wir glauben, dass es inländisch einen besonderen Bedarf im exklusiven Tourismus gibt.“ Noch müssen auf der Mega-Baustelle die Gebäude wachsen, aber die Vision der Strüngmanns ist klar. Hier soll „ein Hotel für die Ewigkeit“ entstehen. Koste es, was es wolle.
CORNELIA SCHRAMM

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