Fährt nicht mehr so oft: eine U6 nahe Garching-Hochbrück (Aufnahme vom August 2024). © IMAGO/Wolfgang Maria Weber
München – Die ÖPNV-Strategie 2030 des Freistaats setzt sich ein ehrgeiziges Zeil: Bis 2030 sollen die Fahrgastzahlen in Bus und Bahn gegenüber 2019 verdoppelt werden. Doch mehr Geld dafür gibt es nicht, kritisieren die Landkreise. „Die aktuelle Finanzlage lässt die Ziele der ÖPNV-Strategie 2030 des Freistaats in weite Ferne rücken“, warnt der Präsident des Bayerischen Landkreistags, Thomas Karmasin (CSU), in einem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Gerichtet ist es an Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Darin rechnet Karmasin vor, dass Städte und Landkreise mittlerweile über 800 Millionen Euro im Jahr in den ÖPNV stecken. Demgegenüber stagnieren die ÖPNV-Zuweisungen seit 2019 bei 94,3 Millionen Euro – gerade mal 11,6 Prozent der Gesamtmittel. Auch Hilfen für den Schülerbusverkehr seien seit 2014 nicht mehr erhöht worden, „obwohl insbesondere die Kosten für Energie und Personal seither massiv angestiegen sind“. Die Folgen seien jetzt schon sichtbar, warnt Karmasin. „Viele Landkreise können den Status quo nicht halten und sind gezwungen, ihr Angebot abzubauen.“
Erste Auswirkungen sind bereits zu spüren: So hat der Landkreis München seinen Zuschuss an die Münchner MVG für die Fahrten der U6 von Garching Richtung Innenstadt gekürzt. Die Folge: Die U6 steuert Garching am Wochenende nur noch im 20- statt wie bisher im 10-Minuten-Takt an. Obwohl der Landkreis Fürstenfeldbruck für sein ÖPNV-System schon Auszeichnungen erhalten hat, müsse auch hier gekürzt werden, sagt Karmasin, der Landrat in Fürstenfeldbruck ist: Einzelne Bustakte aufs Land samstags und sonntags seien ausgedünnt worden. Ein Expressbus von Fürstenfeldbruck über Gilching und Krailling nach Großhadern entfällt. Auch die S-Bahn-Verspätungsserie ärgert Karmasin. Über den MVV finanzieren die Landkreise Münchens Rückgrat des Nahverkehrs mit. „Das ewige Gewarte nervt die Leute.“ Auch vor einer drastischen Gegenmaßnahme dürfe man da nicht zurückschrecken: „Notfalls sollte man weniger S-Bahnen fahren lassen, also einzelne Takte rausnehmen, um die Pünktlichkeit zu steigern.“
Abgesehen von der S-Bahn sei die Lösung relativ schlicht, sagt der Landrat: Der Freistaat müsse „im Rahmen seiner Möglichkeiten“ die Zuschüsse erhöhen. Nicht zum ersten (und wahrscheinlich auch nicht zum letzten) Mal fordert Karmasin also mehr Geld. Bereits im Oktober hatte er mit einigem Erfolg die Politik mobilisiert und eine spürbare Erhöhung der Finanzausgleichsmittel in dreistelliger Millionenhöhe erreicht. Diese Mittel sind jedoch nicht für den ÖPNV vorgesehen.
Ob sich der Erfolg seiner Hilferufe wiederholen lässt, da hat selbst Karmasin so seine Zweifel. Söder ruft er auf, „die Finanzierungsprobleme im ÖPNV gemeinsam und zügig zu lösen“. Er unterstützt daher den Vorstoß des Freistaats, dass der Bund ab 2026 die Kosten für die Fortsetzung des Deutschlandtickets allein übernehmen soll. Mehr als 300 Millionen Euro könne Bayern dadurch sparen – Geld, das dann aber komplett für den ÖPNV verwendet werden muss, so die Forderung. Statt mehr Geld zu geben, habe der Verkehrsminister in einer ÖPNV-Finanzreform nur die Mittel verschoben und bei der Finanzierung des Schülerbusverkehrs sogar „zusätzliche Bürokratie aufgebaut, ohne dass die Mittel nennenswert aufgestockt wurden“. Jedoch: „Eine reine Mittelumverteilung innerhalb der ÖPNV-Töpfe kann die Finanzierungsprobleme im ÖPNV nicht lösen.“
DIRK WALTER