Nächster Dämpfer für Brenner-Nordzulauf

von Redaktion

Umstrittene Streckenführung: die geplante neue Innbrücke in einer Visualisierung der DB. Kritiker wollen lieber einen Tunnel 20 Meter unter dem Inn. © DB

München – Die um Jahre verzögerte deutsche Planung für eines der wichtigsten europäischen Bahnprojekte stößt auf den nächsten Stolperstein: Der Bundestag wird aller Voraussicht nach nicht im Frühjahr über den Trassenvorschlag der Deutschen Bahn für die deutsche Zuleitungsstrecke zum Brennerbasistunnel in den Alpen entscheiden, sondern erst nach der vorgezogenen Bundestagswahl. Das sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Christian Schreider, der im Verkehrsausschuss für das Thema zuständig ist. Auch das bayerische Verkehrsministerium geht nicht mehr davon aus, dass der Bundestag noch in der zu Ende gehenden Wahlperiode entscheiden wird.

„Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich der Bundestag mit dem Trassenvorschlag der DB erst in der nächsten Legislaturperiode befassen wird“, sagt Schreider. Der 55 Kilometer lange Brennerbasistunnel soll nach jetzigem Stand im Jahr 2032 eröffnet werden. Nach der Inbetriebnahme soll sich die Fahrzeit für Personenzüge von München nach Verona von fünf auf drei Stunden verkürzen. Um die volle Kapazität des Tunnels nutzen zu können, muss laut Bahn aber auch die deutsche Zuleitungsstrecke durch den bayerischen Teil des Inntals ausgebaut werden.

Auch in Österreich und Italien gibt es Verzögerungen, doch die Planungen für die jeweiligen Zuleitungsstrecken sind abgeschlossen, einzelne Abschnitte bereits fertiggestellt. Auf deutscher Seite existiert bislang keine verbindliche Planung für die ebenfalls gut 50 Kilometer lange Zulauftrasse. Das DB-Projektteam finalisiert derzeit den Bericht für das Ministerium, wie ein Bahnsprecher sagt. Die Übergabe der Unterlagen war eigentlich für Ende dieses Jahres geplant, dies wird sich laut DB „um wenige Wochen“ verzögern. Im Februar wird jedoch bereits der Bundestag neu gewählt.

Die Hauptursache der Verzögerungen liegt in Bayern. Der Bau des Tunnels wurde 2004 beschlossen, 2012 vereinbarten Deutschland und Österreich die gemeinsame Planung der nördlichen Zulaufstrecke. Die CSU war ursprünglich enthusiastischer Befürworter des Projekts, doch angesichts des heftigen Widerstands im Inntal machte die Planung des Nordzulaufs nur noch minimale Fortschritte. Nach der bayerischen Landtagswahl 2018 stellte die Münchner Koalition von CSU und Freien Wählern den lang vereinbarten Bau des Nordzulaufs infrage und forderte eine Überprüfung.

Mittlerweile befürwortet die Staatsregierung den Bau wieder. „Der Brenner-Nordzulauf ist ein Bundesprojekt mit großer Bedeutung für ganz Europa“, sagt Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU). „Der Freistaat Bayern steht hinter dem Ausbau der Bahn beim Brenner-Nordzulauf.“ Die Trassenführung sei eine Jahrhundertentscheidung. „Sie muss mit Sorgfalt und Weitblick getroffen werden. Wir fordern dabei maximale Anwohnerfreundlichkeit, das heißt eine weitgehend unterirdische Streckenführung, einen umfassenden Lärmschutz und den Schutz unserer Landschaft.“ Eine parlamentarische Befassung vor der Wahl sei nicht mehr realistisch, sagte Bernreiter. „Außerdem ist es angesichts der Bedeutung des Projekts sinnvoll, dass ein neu gewählter Bundestag darüber abstimmt.“

Die DB plant im Inntal eine zusätzliche Trasse zu der bereits existierenden Bahnstrecke. Dreißig der insgesamt 54 Kilometer langen neuen Strecke sollen als Tunnel gebaut werden. Weitere Tunnel würden laut Bahn auch weitere Zusatzkosten in Milliardenhöhe bedeuten. Die Inntaler Bürgerinitiativen kritisieren vor allem die geplante Überbrückung des Inn, außerdem soll eine „Verknüpfungsstelle“ südlich von Rosenheim unterirdisch gebaut werden.

SPD-Verkehrspolitiker Schreider wirft der CSU vor, wegen der lokalen Proteste ein Projekt von überregionaler Bedeutung zu verzögern. „Besonders kritikwürdig ist, dass die CSU nun plötzlich Nachforderungen an das milliardenschwere Brenner-Bahnprojekt stellt“, sagte Schreider. „Forderungen, die unnötige zusätzliche Tunnel umfassen, die nicht nur immense Kosten verursachen, sondern auch den Zeitplan massiv gefährden würden.“ Bernreiter erwidert: „Die Verantwortung für den Ausbau des Brenner-Nordzulaufs samt Zeitplan liegt beim Bund.“

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