Solar-Ärger: Hilfe für Metzger

von Redaktion

Die Solaranlage auf Augustin Kellers Firmendach erzeugt 200 000 Kilowattstunden im Jahr. © Rainer Lehmann

Der Metzgereibetrieb in Langenbach, die Solaranlage befindet sich auf dem Dach. © Rainer Lehmann

Langenbach – Augustin Keller hat sich dieses Jahr über wenig so sehr geärgert wie über seine Stromrechnung. In einigen Monaten lag sie sogar bei rund 10 000 Euro. Keller betreibt in Langenbach im Kreis Freising eine Metzgerei. Vor gut zwei Jahren hat er 250 000 Euro in eine Photovoltaikanlage auf seinem Firmendach investiert. Sie bringt mit einer Leistung von 216 Kilowatt gut 200 000 Kilowattstunden im Jahr. Den Großteil dieses Stroms nutzt Keller selbst in seinem Betrieb – den Überschuss speist er ins Stromnetz ein. So war zumindest der Plan. Anfangs ging die Rechnung noch auf. Er konnte seine monatliche Stromrechnung um 5000 Euro reduzieren. Dazu kamen 1400 Euro, die er mit der Einspeisung ins Netz verdiente.

Doch dann, an den ersten richtig sonnigen Tagen, stellten ihm die Überlandwerke Erding seine Photovoltaikanlage ab (wir berichteten). Das passiert immer dann, wenn das Netz durch die vielen Solaranlagen überlastet ist. Der Netzbetreiber Bayernwerk fordert die Überlandwerke dazu auf, wenn ein Engpass erwartet wird. Zwar sollen aus Fairnessgründen nicht jedes Mal dieselben Anlagen abgestellt werden – aber mit seiner großen Anlage hat es Metzger Keller fast jedes Mal getroffen. Vor allem ärgerte er sich darüber, dass er an diesen Tagen seinen Strom nicht mal mehr für seinen eigenen Betrieb nutzen konnte. Er musste stattdessen für rund 500 Euro Strom aus dem Netz kaufen.

In seinem Ärger wandte er sich nicht nur an die Netzbetreiber, sondern auch an die Politik. Johannes Becher, Landtagsabgeordneter der Grünen, hat den Metzgermeister, die Netzbetreiber und Abgeordnete von CSU, FW und Grünen nun an einen Tisch geholt, um Lösungen zu finden. „Zumindest Teilerfolge sind schon sichtbar“, berichtet Becher. Keller erfuhr bei dem Gespräch, dass er ein Recht auf Entschädigung für den nicht eingespeisten Strom hat. Der Netzbetreiber sicherte ihm zu, dass er bis Jahresende eine Abrechnung für 2024 erhalten werde. Außerdem hat er als Anlagenbetreiber nach EU-Recht Anspruch, dass sein Eigenverbrauch an Strom privilegiert behandelt wird. Das heißt, er kann einen Antrag stellen, dass er künftig wenigstens seinen eigenen Strom nutzen darf, wenn die Anlage vom Netz genommen wird. Dass es diese Möglichkeit gibt, hatte Keller zwar schon gehört, wie er vorgehen muss, konnte ihm aber niemand sagen. Die Überlandwerke Erding sicherten ihm dabei nun Unterstützung zu.

„Bei dem Treffen ging es aber auch darum zu erfahren, warum es so oft Engpässe im Stromnetz gibt“, sagt Becher. Es waren Vertreter der Überlandwerke und von Bayernwerk gekommen, ein Vertreter von Tennet war aber verhindert. Tennet ist für den Anschluss der Stromerzeuger ans Hochspannungsnetz verantwortlich. Vor allem dort würden die Engpässe auftreten, erklärt Becher. Das Gespräch will er nachholen, schon jetzt sagt er aber: „Es muss ein Bundesgesetz geändert werden.“ Denn bisher würde bei der Frage, ob eine Anlage abgestellt werden muss, danach geschaut, wie viel sie produziert und nicht, wie viel sie ins Netz einspeist. „Das ist der falsche Parameter“, sagt Becher. Es gab bereits einen Entwurf für die Gesetzesänderung – doch die ist nun durch den Ampel-Bruch ausgebremst worden. „Egal, wer unser Land ab dem 23. Februar regiert – das müssen wir angehen“, sagt Becher.

Aber auch er ist mit einer To-do-Liste aus dem Gespräch gegangen. „Es gibt in Bayern keinen Landesbedarfsplan, um Netzausbau, Speicheraufwuchs und den Ausbau Erneuerbarer Energien zu synchronisieren.“ Das hat Becher erst neulich wieder gemerkt, als er mit Vertretern der Bürgerenergiegenossenschaft Freisinger Land sprach. „Sie will eine große Photovoltaikanlage, eine Windkraftanlage und ein Umspannwerk bauen – aber das Umspannwerk wurde nicht genehmigt, weil in 15 Kilometer Entfernung bereits eines im Bau ist“, berichtet er. „Dabei sind dort weitere Windräder in Planung, und es ist jetzt schon klar, dass ein Umspannwerk künftig nicht reichen wird.“ Er habe Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) neulich darauf angesprochen, dass Bayern eine vorausschauendere Planung brauche. Außerdem hat er ein Schreiben an die Bundesnetzagentur verfasst. „Es könnte sein, dass das bestehende Stromnetz mehr leisten kann, als ihm zugetraut wird. Es muss untersucht werden, ob Anlagen manchmal etwas zu voreilig vom Netz genommen werden.“

Becher will im neuen Jahr weitere Gespräche organisieren. „Augustin Kellers Investition ist ein Vorbild in Sachen Energiewende“, betont er. „Wir müssen fairer mit Menschen umgehen, die viel Geld in Erneuerbare Energien investieren.“ Auch Keller selbst ist zuversichtlich aus dem Gespräch gegangen. Er hofft nun, dass er sich künftig etwas weniger ärgern muss, wenn die Sonne scheint.

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