Geschnupft von den Briten

von Redaktion

Der Schmalzlerfranzl ist das Markenzeichen des Schnupftabakherstellers Gebrüder Bernard AG aus der Oberpfalz. Jetzt wird er aber von einer Firma in England produziert. © Bernard

Regensburg/Leicester – Am Stammtischen ist der Schmalzlerfranzl eine Legende – ein deftiger Schnupftabak für echte Männer. Seit über 100 Jahren wird für das Markenzeichen der Regensburger Firma Bernard Tabak mit Schmalz versetzt – und prägt mit dem geschmeidigen Wort „Schmai(zla)“ heute sogar den Dialekt. Aber nach 291 Jahren wird sich dieses bayerische Schnupftabak-Märchen jetzt verändern.

Schon im März hatte die Gebrüder Bernard AG mit Sitz in Sinzing bei Regensburg bekannt gegegeben, den Betrieb dort einstellen zu müssen. Zu Pfingsten trat die EU-Richtlinie „TPD 3“ in Kraft. Sie schreibt vor, dass die Lieferkette bei der Tabakherstellung künftig dokumentiert werden muss. Die Bernard-Geschäftsführerin erklärte damals, dass der kleine Betrieb das nicht umsetzen könne. Bis dahin wurden alle Produkte vor Ort noch mit historischen Maschinen produziert, von Hand abgefüllt, etikettiert und verpackt. Lange Zeit in der Regensburger Altstadt, ab 2000 in Sinzing.

Das Rezept kennen nur drei Menschen

Im Sommer wurde viel spekuliert, wie es mit dem Schmalzlerfranzl und den anderen Marken weitergehen wird. Die Firma Pöschl in Geisenhausen bei Landshut gilt als größter Schnupftabakhersteller der Welt. In Schmalzlerkreisen wurde gemunkelt, ob da nicht der Platzhirsch der Branche zuschlagen würde. Am Ende haben die Briten Bernard geschnupft – genauer gesagt sind Ian und Sue McChrystal vom gleichnamigen Unternehmen aus Leicester nun die offiziellen „Lizenzpartner“.

„Wir und unser Sohn Charles haben viele Reisen nach Bayern unternommen, um die verschiedenen Schritte der Herstellung des Schmalzlerfranzls zu lernen“, erklärt Sue McChrystal. „Wir handhaben es fortan wie mit unseren eigenen Marken: Nur wir drei kennen die Rezepte und hüten sie als strenges Geheimnis.“

Die Schnupftabak-Herstellung ist aufwendig: Für Schmalzler werden Brasil-Tabake mit Gewürztabak und sogenannten Mangotes aus Brasilien gemischt. Mangotes sind zu dicken Seilen versponnene Tabake, die frisch vom Feld unter Verwendung besonderer Soßen eng gewunden und gepresst wurden. Früher wurden sie in Ochsenhäute eingenäht, heute in Folie. Nach dem Transport nach Europa müssen die Stränge zerkleinert, den fermentierten Tabaken untergemischt und noch mal bis zu drei Monate lang fermentiert werden. Die Masse wird danach getrocknet, gerieben und das Tabakmehl dann mit Butterschmalz angemacht.

Wie mühsam dieser „Veredelungsprozess“ der Pflanzen aus Übersee einst war, zeigt bis heute das kleine Schnupftabakmuseum in Regensburg. Es befindet sich in jenem prächtigen Patrizierhaus, das Jakob Phillipp und Peter d’Orville 1812 dem Fürsten von Thurn und Taxis für ihre Schnupftabakfabrik abkauften. Ihre Vorfahren waren die Ersten, die im Deutschen Reich ab 1733 Schnupftabak produzieren durften. Der Bernard-Stammsitz lag in Offenbach, Regensburg war aus zollrechtlichen Gründen aber der bessere Standort. 1903 beschäftigte Bernard dort gut 350 Arbeiter. Ihre Maschinen und die Alchemistenküche, in der Tabak schon damals mit Menthol, Vanille und Fichte aromatisiert wurde, können noch besichtigt werden.

Aber was schnupft man, wenn man jetzt Bernard-Marken wie „Naseweis“, „Polar Brise“ oder „Tiger Snuff“ kauft? Schnupftabak aus England oder den bayerischen? „Alle Produkte, die im Umlauf sind, sind in Sinzing produziert“, sagt McChrystal. „Wir hoffen, um Neujahr starten zu können.“

In ihrer Fabrik beschäfigten die McChrystals acht Mitarbeiter. Das Abfüllen des Tabaks, das Etikettieren und Verpacken der Dosen passiert maschinell. „Der Großvater meines Mannes hat unser Unternehmen gegründet, mit unserem Sohn ist es in der Hand der vierten Generation. 2026 feiern wir 100. Geburtstag“, erzählt Sue McChrystal. „Bernard ist noch viel viel älter. Für uns ist es etwas Besonderes, dass wir diesen wundervollen Schnupftabak jetzt herstellen dürfen.“ Der Schmalzlerfranzl ist seit 1894 eine geschützte Marke – und soll weiterleben.

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