Atommüll im Anrollen

von Redaktion

Erstmals kommt ein Castor-Transport nach Bayern

Das ist Geschichte: Protest in Gorleben gegen einen Castor-Transport 2011. © Imago

Castoren dieser Bauart kommen nach Bayern. Sie enthalten in Glas und Stahl eingeschmolzenen Atommüll. © GNS

München/Landshut – Erstmals muss Bayern hochradioaktiven Atommüll aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield zurücknehmen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres sollen sieben Castoren per Bahn in das Zwischenlager auf dem Gelände der abgeschalteten Kernkrafterke Isar 1 und 2 bei Landshut angeliefert werden. Der Transport ist top secret – weder Fahrroute noch Datum werden genannt. Doch angesichts der Größe des Transports dürfte er nicht unbemerkt bleiben.

Früher waren die Castor-Transporte große Aufreger. 2011, als Castor-Transporte in das Zwischenlager im niedersächsischen Gorleben stattfanden, gab es große Demonstrationen von Atomkraftgegnern mit Blockade der Schienen. Nur mit einem massiven Polizeiaufgebot konnten die Castoren in dem Salzstock schließlich eingelagert werden. Für die Transporte nach Bayern rechnet Michael Köbl, Sprecher der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), jedoch mit keinen großen Protesten. „Seit der Atomausstieg fix ist, sind die Transporte kein Symbol mehr.“ Auch Atomkraftgegner würden einsehen, dass der bereits entstandene Atommüll irgendwo gelagert werden müsse. Ähnlich sieht es auch die ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Rosi Steinberger aus dem Landkreis Landshut, eine entschiedene Atomkraftgegnerin. „Das Kapitel ist abgeschlossen, hoffentlich endgültig. Daher glaube ich nicht, dass es in der Region große Aufregung geben wird.“

Für den Transport nach Bayern hat das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung kurz vor Weihnachten die Genehmigung erteilt. Der Atommüll wird in Sellafield zunächst mit flüssigem Silikatglas gemischt („Glaskokillen“) und dann in zylinderförmige Behälter aus Edelstahl gegossen. Die Castoren des Typs HAW28M werden von Sellafield aus zunächst per Schiff zu einem deutschen Seehafen gebracht. Anschließend erfolgt die Bahnverladung. Mit Dieselloks werden die je über 100 Tonnen schweren Castoren dann Richtung Landshut gezogen und dort im Zwischenlager deponiert. Dort stehen heute schon über 100 Castoren mit Atommüll aus den beiden niederbayerischen AKW Isar 1 und 2.

Bis 2005 war es gängige Praxis, dass ein Teil der in deutschen Kernkraftwerken verbrauchten Brennelemente zur Wiederaufbereitung nach Sellafield oder in die französische Anlage La Hague kamen. Deutschland ist verpflichtet, den dort anfallenden Atommüll zurückzunehmen. Bis 2015 kamen alle Castoren nach Gorleben. Danach wurde entschieden, den Rest des strahlenden Erbes nach dem Verursacherrprinzip aufzuteilen, erläutert GNS-Sprecher Köbl. Zuletzt kamen Abfälle aus Sellafield ins Zwischenlager nach Philippsburg und Biblis. Noch ausstehendend sind je ein Transport nach Isar 1/2 sowie nach Brokdorf.

Irgendwann einmal werden die Castoren aus Niederbayern wieder abgeholt werden – dann nämlich, wenn es ein Endlager gibt. Mit der Suche danach ist die Bundesgesellschaft für Endlagerung beauftragt. „Das Endlager soll die bestmögliche Sicherheit für eine Million Jahre gewährleisten“, heißt es auf der Homepage. In einem Schritt wurden 90 Gebiete mit günstigen geologischen Bedingungen identifiziert. Bis zur endgültigen Festlegung könnte es aber noch bis 2050 dauern.
DIRK WALTER

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