Beim Überholen verunglückt: Das Auto eines 21-Jährigen hat sich auf der A6 überschlagen. © NEWS5 (2)/7aktuell
Profis am Werk: Sven Hannawald (links) und André Lange präparierten ihren Hornschlitten für das Rennen. © THOMAS SEHR
Partenkirchen/Freilassing – Christian Herzog blickt zufrieden auf die frisch präparierte Piste. „Vom Schnee her schaut es gut aus“, sagt der Vorstand des Hornschlittenvereins Partenkirchen kurz bevor die ersten Teilnehmer an den Start gehen. Zum ersten Mal seit neun Jahren ist wieder die gesamte 1100 Meter lange Strecke geöffnet. Gut 150 Höhenmeter. Und auch die Rasseneck genannte Schlüsselstelle mit einem Gefälle von 27 Prozent und einer engen Linkskurve am Ende. In den vergangenen Jahren hat dafür schlicht der Schnee gefehlt. Doch in diesem Jahr mussten Herzog und sein Team nicht bangen. Trotzdem haben sie 45 Lastwagen-Ladungen voll Schnee zusätzlich anliefern lassen, um die Abfahrt zu präparieren. Er stammt von freigeräumten Parkplätzen und vom Abrieb im Garmischer Eisstadion.
80 Hornschlitten sind gestern ins Tal gedonnert, jeder mit vier Sportlern besetzt – und wie jedes Jahr standen zahlreiche Schaulustige am Rand der Strecke. Unter den Teilnehmern waren in diesem Jahr auch zwei Spitzensportler: der Ex-Bobfahrer und mehrmalige Olympiasieger André Lange und Ex-Skispringer Sven Hannawald. Lange saß vorne, Hannawald schob an.
13-Jährige rettet sich selbst aus See
Doch Schnee und Eis haben die vergangenen Tage nicht nur für Freude gesorgt – sondern auch für etliche Rettungseinsätze. In Freilassing im Berchtesgadener Land ist ein 13 Jahre altes Mädchen in einen zugefrorenen See eingebrochen. Sie war mit zwei Freunden rund 20 Meter vom Ufer entfernt auf der Eisfläche unterwegs. Spaziergänger hatten den Vorfall beobachtet und versuchten, das Mädchen mit Rufen zu motivieren, sich aus eigener Kraft zurück auf die Eisfläche zu ziehen und ans Ufer zu robben. Ein Mann half ihr das letzte Stück an Land. Die 13-Jährige kam frierend, aber unverletzt davon.
Ingo Roeske, Vorsitzender der Wasserwacht in Wolfratshausen, spricht von einer kritischen Lage, was die zugefrorenen Seen in Bayern betrifft. „Wir hatten einige Nächte mit Minusgraden und dadurch begehbares Eis.“ Sonne und Regen der letzten Tage hätten aber einiges weggetaut. „Es ist gerade schwer einschätzbar, wie dick die Eisschichten auf den Seen noch sind“, sagt Roeske. „Was gestern noch gehalten hat, hält heute vielleicht nicht mehr.“ Er rät dazu, zugefrorene Seen und Gewässer mit gesundem Menschenverstand zu betreten. „Und wenn man sich nicht sicher ist, lieber gar nicht.“ Die Natur könne man momentan ja auch abseits der Eisflächen wunderbar genießen, appelliert er.
Auto rutscht auf Bahnübergang
Große Unfälle blieben auf den Straßen zwar zunächst aus, doch häufig mussten die Einsatzkräfte trotzdem ausrücken. Auf der A6 überholte ein 21-jähriger Fahrer auf schneeglatter Fahrbahn und geriet ins Schleudern. Der Wagen überschlug sich mehrmals. Der Fahrer und sein 23-jähriger Beifahrer wurden leicht verletzt. Auf der A3 im Kreis Aschaffenburg war ein Auto ins Schleudern geraten und hatte sich überschlagen. Der Fahrer war im Wagen eingeklemmt. Ein Feuerwehrmann, der zufällig privat dort unterwegs war, leistete Erste Hilfe. Der Fahrer kam schwer verletzt in eine Klinik. In Oberkotzau im Kreis Hof war ein 25-Jähriger mit Sommerreifen unterwegs. Er beschleunigte in einer Kurve, kam von der Straße ab und prallte gegen eine Garage. Die wurde so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden musste. Der Fahrer und sein Beifahrer wurden leicht verletzt. Auch bei Coburg ist eine 19-Jährige mit ihrem Auto verunglückt. Sie geriet in den Gegenverkehr. Die junge Frau wurde schwer verletzt, die 50-jährige Fahrerin des anderen Autos ebenfalls. Auf der A7 bei Dietmannsried im Oberallgäu hat ein Auffahrunfall zu einer Kettenreaktion geführt. Insgesamt prallten fünf Fahrzeuge ineinander, zwei Menschen wurden leicht verletzt. Bei Selb geriet ein Autofahrer mit seinem Wagen auf der schneeglatten Straße vor einem Bahnübergang ins Rutschen. Er wurde von einem vorbeifahrenden Zug gestreift. Allerdings hatte der Zug den Wagen des 74-Jährigen nur minimal berührt, es wurde niemand verletzt. In Berchtesgaden ist eine Frau mit ihrem VW auf einer Winterrodelbahn gelandet. Sie hatte sich zu sehr auf ihr Navi verlassen und ein Schild ignoriert. Als sie wenden wollte, schlitterte ihr Auto über einen steilen Hang und kam erst kurz vor dem Abgrund zum Stehen. Die Frau blieb unverletzt.
Bub beim Bobfahren verunglückt
Viele Kinder haben sich über das Schlittenwetter der letzten Tage gefreut. In Sankt Englmar in Niederbayern ist jedoch ein Zwölfjähriger beim Bobfahren verunglückt. Er war bereits am Freitag mit seinem Lenkbob gestürzt, ein Mädchen fuhr mit ihrem Schlitten gegen ihn und traf ihn am Brustkorb. Der Bub wurde mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik geflogen. Dort erwies sich seine Verletzung glücklicherweise als weniger schlimm als zunächst gedacht. Er erlitt eine Prellung.
Auch die Helfer der Bergwacht waren in den vergangenen Tagen sehr gefordert. Die Einsatzkräfte in Lenggries wurden allein am Samstag zu neun Notfällen gerufen. Meistens wegen Knieverletzungen, ein Skifahrer hatte sich ein Thoraxtrauma zugezogen. Er musste per Hubschrauber in eine Klinik geflogen werden. Ein weiterer Skifahrer erlitt einen Oberschenkelbruch.
Flugzeuge heben mit Verspätung ab
Auch auf den Flugverkehr in Bayern hatte das Winterwetter Auswirkungen. Am Flughafen München kam es zu Verspätungen, weil Maschinen enteist werden mussten. Einige Flüge fielen aus. Sonntagvormittag normalisierte sich die Lage. Im Bahnverkehr blieben Einschränkungen weitgehend aus. Gestern waren die Straßen wieder frei und die Temperaturen deutlich milder, vielerorts sogar im zweistelligen Plus-Bereich. Ende der Woche wird es wieder kälter, die Meteorologen kündigen erneut Schnee und Eis an.