Eine Forscherin am Fundort der neuen Wurmart. © LfL
Rotthalmünster – Mit seinen Seen, Wiesen und Wäldern ist Bayern ein Paradies für viele Tiere. Manche Arten gedeihen sogar nur hier, sie leben sonst nirgendwo anders auf der Welt. Forscher bezeichnen solche Arten als endemisch. Sie sind auf die ganz besonderen Bedingungen in ihrem Lebensraum spezialisiert und deshalb oft vom Aussterben bedroht. Die Rhön-Quellschnecke und der Ammersee-Kaulbarsch sind solch seltene Spezialisten. Vor Kurzem haben Forscher die Bayerische Kurzohrmaus im Kreis Garmisch-Partenkirchen endlich wieder gesichtet – und jetzt in Niederbayern eine neue Regenwurmart entdeckt.
■ 1. Der Regenwurm
Er ist blassrosa und nur wenige Zentimeter groß – und doch eine echte Sensation: Dieser Regenwurm gehört der neu entdeckten Art Helodrilus bavaricus an. Forscher der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) haben sie bisher nur auf einem Acker im niederbayerischen Rotthalmünster vorgefunden. Weil Regenwürmer unerlässliche Nützlinge sind, erforscht sie die LfL seit Jahrzehnten. In Feldversuchen und auf Boden-Dauerbeobachtungsflächen in ganz Bayern werden sie gezählt, gewogen und auf Arten bestimmt. Mit dem Wissen werden Landwirte zur Gesundheit ihrer Böden beraten.
Den Acker, auf dem die neue Art gefunden worden ist, bewirtschaftet ein Landwirt seit fünf Jahren mit Direktsaat. Das bodenschonende Verfahren hegt die Regenwürmer. Im April untersuchte das Bodentier-Team der LfL unter Leitung der Biologin Roswitha Walter jenen Acker und fand extrem viele Regenwürmer. Etwa 600 pro Quadratmeter – das ist viermal so viel wie der Durchschnittswert auf bayerischen Äckern. In Deutschland sind 50 Regenwurmarten bekannt, in Rotthalmünster wurden acht identifiziert. Doch die morphologischen Merkmale einiger Tiere aus Niederbayern waren in keinem Bestimmungsschlüssel aufgeführt.
Regenwurm-Experten wurden hinzugezogen. Diese haben die bislang unbekannte Art jetzt systematisch klassifiziert, erstmals beschrieben und ihr den bayerischen Namen gegeben. Nun wird geklärt, wie klein oder groß das Verbreitungsgebiet der Art ist. Klar ist: Die Gattung Helodrilus ist sehr alt. Forscher nehmen an, dass es sich um ein Eiszeitrelikt handelt, die Art also nur innerhalb eines kleineren eisfreien Areals in Südbayern überleben konnte.
■ 2. Die Kurzohrmaus
Auch die Bayerische Kurzohrmaus ist ein sogenannter Endemit. Die Art galt seit 1962 verschollen, ging dem Biologen David Stille aber bei einer Fangaktion im Herbst 2023 in der Nähe von Mittenwald im Kreis Garmisch-Partenkirchen in die Falle. Der Fund des Nagetiers gilt als Sensation, DNA-Analysen bestätigten ein aktuelles Vorkommen. Inzwischen weiß man: Die Maus mit den sehr kleinen Ohren, die als einziges Säugetier „Bayerisch“ im Namen trägt, gibt es auch in Österreich.
■ 3. Der Ammersee-Barsch
Der Ammersee-Kaulbarsch Gymnocephalus ambriaelacus ist ein Echter Knochenfisch und lebt, wie sein Name sagt, endemisch im Ammersee. 2005 war dem damaligen Studenten Matthias Geiger aufgefallen, dass Kaulbarsche dort größere Augen, eine andere Zeichnung und andere Proportionen haben als die Nominatform der Gattung, der (Gemeine) Kaulbarsch. Auch genetische Untersuchungen erhärteten dann die 2010 publizierte Auffassung, es handle sich um eine eigene Art. Der Ammersee-Kaulbarsch wird knapp zwölf Zentimeter lang und ist silbrig-hellgrau gefärbt.
■ 4. Der Tausendfüßer
Der Tausendfüßer Alpityphlus seewaldi ist zwischen fünf und 15 Milimeter groß und wurde 1967 erstmals in der Untersberg-Höhle in den Berchtesgadener Alpen von Fritz Seewald entdeckt. Außerhalb eben jenen Hollerlochs wurde die Art bisher nur noch in zwei weiteren Höhlen in Österreich gefunden.
■ 5. Die Rhönquellschnecke
Die zwei Millimeter große Schnecke lebt nur in der Thüringischen Rhön. Einzige Ausnahme: eine kleine Population im nahen Vogelsberg. Die Mini-Schnecke hat hohe Ansprüche: Sie benötigt unbelastetes Quellwasser mit Temperaturen von 5,5 bis 8,5 Grad. Ursache für den starken Rückgang der Bestände ist die Zerstörung der Quellbiotope durch intensive Land- und Waldwirtschaft, teils auch durch Bebauung.
SCO