In der Jachenau im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen trifft die neue Grundsteuer besonders die Waldbesitzer. © Imago
München – Lange haben viele gezittert. Nun wurden in vielen Gemeinden die neuen Grundsteuer-Bescheide verschickt. Und bei einigen Haus- und Wohnungsbesitzern sitzt der Schock tief. Vor allem für Grundstücke mit größeren Flächen muss man mitunter um einiges mehr bezahlen.
Denn in Bayern wird bei der Neuberechnung der Grundsteuer ein eigenes Modell zugrunde gelegt: Während andere Länder anhand von Angaben wie Baujahr und Bodenrichtwert den Wert des Grundbesitzes ermitteln, wendet Bayern ein reines Flächenmodell an. Rudolf Stürzer vom Verband Haus + Grund München findet es positiv, dass dadurch die Grundstücke nicht ständig neu bewertet werden müssen, gibt aber zu bedenken: „Diejenigen, die ein großes Grundstück in Niederbayern besitzen, zahlen mitunter mehr als der Villenbesitzer in Starnberg.“
Einige Stichproben: Ein Eigentümer eines Einfamilienhauses in Taufkirchen an der Vils mit rund 1500 Quadratmetern Grund muss jetzt das Doppelte bezahlen. Vorher waren es 299 Euro, mit dem neuen Bescheid sind es ab jetzt 609 Euro im Jahr. Bei einem Rentner aus Bad Tölz (Einfamilienhaus, rund 800 Quadratmeter Grund und 150 Quadratmetern Wohnfläche) hat sich die Grundsteuer sogar mehr als verdreifacht von 126 auf 468 Euro im Jahr. „Das ist eine riesige Belastung für uns“, sagt er. In Tölz hatte die Stadt den Hebesatz für die Grundsteuer von 420 auf 480 erhöht. Leicht erhöht hat sich die Grundsteuer für einen Wasserburger, der ein Haus ohne Garten in der Innenstadt besitzt. Er muss etwa 60 Euro mehr bezahlen – künftig etwa 260 Euro im Jahr.
In München warten die meisten Eigentümer noch auf die Briefe der Stadt. Ein Leser mit einem Reihenmittelhaus in Oberföhring musste bisher 421 Euro im Jahr bezahlen, jetzt sind es 626. Jubeln können in München nach Informationen von Stadtkämmerer Christoph Frey vor allem die Eigentümer von Innenstadtimmobilien. Für sie sind es mitunter bis zu 50 000 Euro weniger im Jahr.
Dadurch fehlen der Stadt wichtige Einnahmen, die sie durch eine Anhebung des Hebesatzes auf die Grundsteuer ausgeglichen hat. Für die Kommunen sollte die Reform aufkommensneutral sein – heißt: Die Städte und Gemeinden waren aufgerufen, ihre Hebesätze so zu berechnen, dass sie nach dem neuen Modell insgesamt gleich hohe Steuereinnahmen haben wie vorher.
München hat in den Hebesatz, wie vom Bayerischen Städtetag empfohlen, lediglich einen Risikopuffer eingebaut. Auch andere Städte – unter anderem Nürnberg und Augsburg – betonen, man werde am Ende keine finanziellen Vorteile haben, also nicht mehr Steuereinnahmen haben als vorher. Die Stadt Augsburg hat ausgerechnet, dass nach jetzigem Stand knapp 62 000 Steuerpflichtige weniger und knapp 34 000 Steuerpflichtige mehr Grundsteuer zahlen müssen als vergangenes Jahr. Tendenziell müsse für Einfamilienhäuser etwas mehr und für Eigentumswohnungen weniger gezahlt werden, hieß es.
In der Jachenau im Kreis Bad Tölz-Wolfratshausen, der kleinsten Gemeinde Bayerns mit eigenständiger Verwaltung, hat die Grundsteuerreform ganz besonders starke Auswirkungen. Bei vielen der dortigen Anwesen wurde ein deutlich erhöhter Grundsteuermessbetrag errechnet. Um dies auszugleichen, hat der Gemeinderat eine Senkung des Hebesatzes von 310 auf 240 Punkte beschlossen. Der Bürgermeister von Jachenau Klaus Rauchenberger ist über die Grundsteuerreform „nicht so ganz glücklich“. In der Gemeinde gäbe es viele Waldbesitzer, die keine Gewinne aus Forstwirtschaft erzielen. „Aber den Staat interessiert das nicht, ob das Schutzwald ist.“
Möglichkeiten, sich gegen massive Erhöhungen der Grundsteuer zu wehren, gibt es wenige. Liegen beispielsweise Fehler in der Berechnungsgrundlage vor, kann man beim Finanzamt Widerspruch einlegen. „Ansonsten gibt es nach Artikel 8 des Bayerischen Grundsteuergesetzes die Möglichkeit, einen Antrag auf Ermäßigung zu stellen“, berichtet Stürzer.
GABRIELE WINTER