Diese Jagddrohne vom Typ AirRobot AR200 könnte feindliche Drohnen abwehren. © dpa
Die Wehrtechnische Dienststelle 61 in Manching verfügt über zwei Start- und Landebahnen, eine Grasbahn sowie zwei Hubschrauberübungsflächen. © Bundeswehr/WTD61
Manching – Die Meldung kam von der Werksfeuerwehr: Am Sonntagabend gegen 19 Uhr ging beim Polizeipräsidium in Ingolstadt ein Anruf ein. Über dem militärischen Sicherheitsbereich in Manching wurde eine Drohne gesichtet. Die Polizeibeamten, die zu dem Gelände der Bundeswehr ausrückten, stellten schnell fest, dass es nicht nur um eine Drohne ging – gleich zehn Stück waren unterwegs. Sofort liefen intensive Fahndungsmaßnahmen an, ein Polizeihubschrauber ging in die Luft. Vergeblich.
Wird die Bundeswehr aus der Luft ausspioniert? In Manching ist die Wehrtechnische Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr, kurz WTD 61, stationiert. Einfach gesagt testet die Bundeswehr auf dem Gelände alle ihre Geräte, die fliegen. Das Areal, der Flugplatz ist riesig: Die beiden Start- und Landebahnen sind fünf Kilometer lang. In dem Ort hat auch Flugzeugbauer Airbus einen großen Rüstungsstandort. Im nahen Neuburg ist das Taktische Luftwaffengeschwader 74 stationiert, das mit seinen Eurofightern von dort aus rund um die Uhr den süddeutschen Luftraum überwacht. Die beiden Standorte sind daher besonders sicherheitsrelevant. Im Kontext mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sei nicht auszuschließen, dass militärische Einrichtungen und Rüstungspartner oder -unternehmen ausgespäht werden, teilt das Landeskriminalamt mit. Es wird vermutet, dass die Drohnen verbotene Aufnahmen der Militäranlagen anfertigen. Das klingt ernst – nicht umsonst leitet die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus die Ermittlungen. Wie der Stabsleiter in Manching, Bernhard Reppelmund, unserer Zeitung sagt, wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht. Denn der Vorfall vom Sonntag war nicht der erste. „Wir sehen in 2024 eine starke Zunahme von solchen Vorfällen“, so Reppelmund.
Schon am 16. Dezember gegen 19.15 Uhr wurden der Polizei mehrere Drohnen über dem Flugplatz gemeldet. Eine Absuche nach dem Piloten verlief ergebnislos. Wenige Stunden später meldete der Sicherheitsdienst in Manching eine weitere Drohne. Zwei Tage später, am Abend des 18. Dezember, drei weitere Drohnen. Am 19. Dezember, diesmal früh am Morgen, flogen drei Drohnen über einem militärischen Sicherheitsbereich in Neuburg. Am ersten Weihnachtsfeiertag dann die letzte Drohnensichtung vor der am 12. Januar.
Das Problem: Die Ermittler wissen nicht, um welche Drohnen es sich handelt. „Von unten erkennt man das Modell nicht“, sagt LKA-Sprecher Ludwig Waldinger. Deshalb ist es auch schwierig herauszufinden, wie groß die Reichweite ist und wo sich ein möglicher Pilot mit der Steuerung aufhalten könnte. Allerdings gehe man davon aus, dass es sich nicht um Hobby-Drohnen handelt, die es in jedem Baumarkt zu kaufen gibt. „Wenn das zehn Drohnen gleichzeitig sind, dann muss man schon davon ausgehen, dass da nicht jemand sein neues Weihnachtsgeschenk ausprobiert.“ Spionage-Drohnen haben eine große Reichweite, da müsse niemand direkt hinterm Sicherheitszaun stehen, um sie steuern zu können. Das Landeskriminalamt hat den Ermittlungsaufwand erhöht und wertet nun sämtliche Vorfälle aus, die irgendwie mit Drohnen zu tun haben.
Bei einem Präsentationstag der Bundeswehr in Manching im Jahr 2019 wurde eine Jagddrohne vom Typ AirRobot AR200 zum Aufspüren und Abwehren von Drohnen vorgestellt. Sie kann Netze auswerfen, um feindliche Drohnen unschädlich zu machen. Ihr Einsatz, sagt Stabsleiter Bernhard Reppelmund, war bei den Vorfällen zuletzt aber keine Option. Das liegt an der aktuellen Rechtslage: Bislang darf nur die Polizei verdächtige Drohnen vom Himmel holen. Allerdings wird derzeit in Berlin eine Änderung des Luftsicherheitsgesetzes vorbereitet. Dadurch soll künftig auch die Bundeswehr zur Abwehr erheblicher Gefahren verdächtige Drohnen abschießen dürfen.
CARINA ZIMNIOK