Hauen und Stechen bei Playmobil

von Redaktion

Kampf im Playmobil-Kosmos: Bei dem fränkischen Konzern fliegen die Fetzen. © Thomas Eisenhuth/pa

Zirndorf – Bei Playmobil in Zirndorf pflegen sie den Grundsatz: keine Gewalt im Kinderzimmer, keine Waffen, kein Kriegspiel. Die Figuren dürfen höchstens eine Pistole haben, wenn sie Cowboy oder Polizist sind, Ritter kriegen ein Schwert. Das funktioniert seit 51 Jahren gut, unglaubliche 96 Prozent der Deutschen kennen Playmobil. Aber: In der Firmenzentrale bei Nürnberg geht es gar nicht friedlich zu. Seit Jahren spitzt sich der Streit zwischen Chef-Etage und Belegschaft zu. Jetzt der vorläufige Höhepunkt: Der Betriebsrat tritt geschlossen zurück.

Schon länger kriselt es bei dem Vorzeige-Konzern aus Franken. Branchenkenner sagen: alles hausgemacht. Es fing damit an, dass der Firmengründer Horst Brandstätter ein Problem mit seinen Söhnen hatte. Er traute ihnen seine Nachfolge nicht zu, und so dachte er sich eine komplizierte Stiftungsstruktur aus. Doch das ging nach seinem Tod 2015 schief. Brandstätters langjährige Sekretärin, jetzt 65 Jahre alt, übernahm nach längeren Testamentsstreitigkeiten die Stiftung, sie sollte den Kurs halten. Das klappte nur bedingt. Mehrere Führungswechsel fanden statt, frustrierte Manager warfen hin. „Es gibt keine richtige Führungsstruktur, Playmobil ist nicht modern aufgestellt“, hatte ein Insider unserer Zeitung im Oktober 2023 gesagt. Damals verkündete der Konzern, der anders als die meisten Konkurrenten komplett in Europa produziert, dass fast 700 von 4000 Stellen bis 2025 abgebaut werden – davon 369 Jobs in Deutschland. Begründet wurde das durch sinkende Umsätze: Playmobil stehe nach Corona vor „wirtschaftlichen Herausforderungen“. Allerdings war die Spielwarenbranche eine der wenigen Pandemie-Profiteure, insgesamt stieg der Umsatz um 15 Prozent. Bei Playmobil nicht. „Playmobil wird seit Jahren von Ahnungslosen gesteuert“, findet ein Branchenkenner. Der Konzern habe – anders als Konkurrent Lego – die Digitalisierung des Kinderzimmers verpasst. Auch der Versuch, den Umsatz nach Lego-Vorbild mit einem Playmobil-Film anzukurbeln, scheiterte verlustreich.

Jedenfalls herrscht schlechte Stimmung. Eine Gewerkschafterin von der IG Metall sagte vor einigen Jahren im Manager Magazin, dass „Kündigungen, Abmahnwellen, Psychodruck und Versetzungen (…) an der Tagesordnung“ seien. Es herrsche „ein Klima der Angst“. Das Magazin beschreibt auch eine aktuelle Szene, die für sich spricht: Als Playmobil seine Belegschaft kurz vor Weihnachten zu einer Zusammenkunft in den firmeneigenen Freizeitpark einlud, murrten bereits einige Mitarbeiter. Der Eintritt war frei, aber schließlich mussten sie sich entscheiden: für eine Bratwurst oder ein Getränk. Nicht besonders feierlich, aber die jüngste Eskalation hat einen anderen Grund: die Betriebsratswahl im April 2022.

Im Vorfeld hatten sich die Stiftung und der Betriebsrat schon über die Größe des Gremiums gestritten. „Versuche einer Korrektur vor und während des Wahlvorgangs durch die Unternehmensleitung sind leider aufgrund mangelnder Kooperationsbereitschaft des Wahlvorstands gescheitert“, teilte Playmobil damals mit. Fast schon beleidigt wirkt ein Satz am Ende des Schreibens: „Die leidige Angelegenheit hat dem Unternehmen viel Zeit, wichtige Kapazitäten und wertvolle Ressourcen gekostet.“ Der Betriebsrat formulierte 2023 in einem siebenseitigen Schreiben nicht weniger zimperlich: „Mit der Art, wie das Unternehmen seit dem Tod von unserem Patriarchen Horst Brandstätter geführt wird, treten Sie das Vermächtnis mit Füßen.“ Der Fall ging vor das Arbeitsgericht Nürnberg, das die Wahl laut dem Sprecher von Playmobil für unwirksam erklärt hat. Nachdem der Betriebsrat das Urteil angefochten hat, würde das Landesarbeitsgericht „zeitnah“ entscheiden. Dem kam der Betriebsrat nun zuvor.

Berichten zufolge führt der Betriebsrat den Schritt auf die „anhaltenden Unsicherheiten durch die laufende Anfechtung“ der Wahl als Begründung an. Playmobil äußert sich dazu nicht. Der Betriebsrat war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. Laut Gewerkschaftssekretär Maximilian Krippner wird regulär ein neuer Betriebsrat 2026 gewählt.

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