Kurz vor ihrer Hochzeit: Ein Gemälde zeigt Sisi vor Schloss Possenhofen. © IMAGO
Wohnen in Bestlage: Schloss Possenhofen direkt am Starnberger See. © Imago
Possenhofen – Im Sisi-Schloss von Possenhofen am Starnberger See gibt‘s richtig Ärger. Es geht um die Nutzung des Dachgeschosses. Dort darf eigentlich niemand wohnen, trotzdem geschieht das hin und wieder. Das zuständige Landratsamt Starnberg scheint beide Augen zuzudrücken. Doch jetzt haben eine Juristin und ihr Mann die Vorbesitzerin ihrer Wohnung verklagt. Die soll ihnen beim Kauf verschwiegen haben, dass das Dachgeschoss nur als Speicherraum genutzt werden darf. „Hätten wir das gewusst, hätten wir die Wohnung nicht gekauft“, sagte die Klägerin zu Prozessauftakt vor dem Zivilgericht MünchenI.
Eingeklagt sind rund eine halbe Million Euro. Die Summe ergibt sich nicht nur aus Umbauarbeiten für das Dachgeschoss, sondern auch aus Sanierungen für Fassaden, Fenster und Dachschäden, die die Eigentümer-Gemeinschaft zu tragen hat. Denn das Sisi-Schloss ist in die Jahre gekommen. Doch auf diese baulichen Mängel ist die Klägerin angeblich nicht hingewiesen worden, als sie 2019 die Wohnung in Possenhofen kaufte.
Dem Vorsitzenden Richter Michael Herbert erschien diese Situation etwas verworren. Die Klage ziele eigentlich auf eine Minderung des Kaufpreises ab, doch jetzt wolle die Juristin die Wohnung zurückgeben. „Das passt nicht zusammen“, sagte Herbert. Trotz intensiven Aktenstudiums war der Richter bislang noch zu keinem einhelligen Fazit gelangt. Für ihn deutete sich weder ein Vorsatz, noch ein Unterlassen an. Vielleicht, weil es da auch noch einen Makler gab, der die Verkaufsgeschäfte für die Vorbesitzerin geführt hatte.
Letztere kam nicht zum Prozess. Ihr Anwalt gab zu bedenken, dass beim Kauf einer denkmalgeschützten Immobilie aus dem Jahr 1840 eigentlich immer von Sanierungen ausgegangen werden müsse. Schon der Richter hatte die Juristin darauf hingewiesen, dass sie von einer gewissen Mitschuld ausgehen müsse.
Er verstand aber auch die neue Schloss-Bewohnerin, die angesichts eines Schreibens des Landratsamtes davon ausgegangen war, sorglos im Dachgeschoss wohnen zu können. Denn der Brief lieferte quasi eine Aussage nach dem Motto „passt schon“. Richter Herbert sagte: „Das ist ein ziemliches Geschwurbel, was da vom Landratsamt kommt.“ Demnach würde die Behörde es irgendwie teilweise dulden. Man dürfe in dem Dachgeschoss noch nicht mal eine Modell-Eisenbahn nutzen, hielt der Anwalt der Vorbesitzerin dagegen. Laut Klägerin soll der Mann der Vorbesitzerin nach einem Schlaganfall im Dachgeschoss sein Schlafzimmer eingerichtet haben. Zumindest hatte sie bei einer Wohnungs-Besichtigung im Dachgeschoss ein Krankenbett gesehen.
Und sie berichtete, von anderen Eigentümern „angeschwärzt“ worden zu sein, weil sie das Dachgeschoss illegal als Wohnraum nutzen wollte. Weil sie aber angeblich unwissend in den Kauf eingewilligt hatte, fühlte sie sich um 180 Quadratmeter betrogen. Gekauft hatte sie nämlich inklusive Dachgeschoss fast 400 Quadratmeter Wohnfläche. Geblieben waren ihr nur 218 Quadratmeter. Geplant war, die Tochter im Dachgeschoss einzuquartieren.
Noch ist völlig unklar, wie der Prozess weitergehen wird. Einen Vergleich lehnte der Anwalt der Vorbesitzerin ab. Der Richter ist noch zu keiner endgültigen Meinung gelangt. Noch im Januar will er für beide Seiten rechtliche Hinweise geben. Möglicherweise braucht es ein Gutachten oder eine Zeugen-Vernehmung des Maklers, der auch noch von der Klage getroffen werden könnte. Bis es zu einem Urteil kommt, wird es noch lange dauern. Denn egal, wie das Verfahren ausgeht, eigentlich steht schon jetzt fest, dass der Fall in die Revision gehen wird.