Pächter-Zoff am Rotwandhaus

von Redaktion

Das Rotwandhaus im Winter. Die zuständige DAV-Sektion sucht gerade einen neuen Pächter. © Moritz Wolf/imago

Peter Weihrer flambiert den Kaiserschmarrn. Die Eier darin stammen von seinem Bergbauernhof in Tirol. © MM

Spitzingsee – Erst die Pandemie, dann Keime im Wasser. Hinter Peter Weihrer liegen einige Jahre voller Herausforderungen. Trotzdem: Der Wirt hat nie aufgegeben – und das beliebte Rotwandhaus oberhalb des Spitzingsees am Laufen gehalten. Seit 38 Jahren arbeitet der Tiroler auf der beliebten Hütte, davon 31 als Pächter. Spätestens Ende Juni aber wird er aufgeben müssen. Unfreiwillig. Denn die DAV-Sektion Turner-Alpenkränzchen hat ihm gekündigt.

„Ich bin aus allen Wolken gefallen“, erzählt Weihrer. Am 13. Dezember hielt er das Papierstück zum ersten Mal in der Hand – danach immer wieder. Diese Kündigung wird sein Leben gehörig verändern. „Da hat uns die Sektion ein schönes Geschenk unter den Christbaum gelegt.“ Denn ans Aufhören hatten der 61-Jährige und seine Partnerin Antje Lorenz noch lange nicht gedacht. „Wir fühlen uns jung und fit. Ich wollte noch um die acht Jahre weitermachen und jemanden einstellen, den ich als künftigen Pächter anlernen kann.“

Weihrer war einst selbst nur Mitarbeiter. Heute betrachtet er sich als „Vollblutgastronom“ und das Rotwandhaus als Lebenswerk: „Als ich als junger Bursch hier meine ersten Mark verdient habe, hätte ich nicht im Traum daran gedacht, 2025 noch immer Pächter zu sein. Nachdem meine Vorgängerin Gisela Jorde 1994 gestorben war, übernahm ich diese Verantwortung und habe das Konzept des Hauses über die Jahre kontinuierlich weiterentwickelt.“ Damals wurden im Winter noch Lebensmittel mit dem Rucksack nach oben transportiert. Heute sorgen eigens angeschaffte Fahrzeuge für die Logistik. Der Wirt ist auch dafür zuständig, den Zustieg oberhalb des Spitzingsees mit seinem eigenen Pisten-Bully für Wanderer und Tourengeher freizuhalten. Zu deren Versorgung kommen durchschnittlich rund 8000 Übernachtungsgäste pro Jahr.

Stolz ist Weihrer auf das, was auf den Teller kommt: „Mein eigener Bergbauernhof in Tirol mit Schafen, Hühnern, Schweinen und Ochsen versorgt unsere Küche.“ Als Koch steht er selbst am Herd, das Menü wechselt und es gibt auch fleischlose Gerichte. Deshalb wundert Weihrer, dass die Sektion jetzt Pächter „mit einem modernen Gastrokonzept, das die Anforderungen der Gäste nach vegetarischer und veganer Küche berücksichtigt“, sucht.

Schatzmeister Anselm Greulich bestätigt, dass seine Sektion den Pachtvertrag gekündigt hat. „Peter Weihrer ist ein exzellenter Koch, das ist nichts Persönliches. Ihm wurde gekündigt, weil die Sektion an einer Neuaufstellung des Hauses interessiert ist.“ Die Zahl der Tagesgäste nehme stetig zu, die Zahl der Übernachtungsgäste seit der Pandemie aber etwas ab. „An Wochenenden, Feier- und Brückentagen ist es brechend voll. Ein moderneres Konzept soll abseits dieser Hochbetriebszeiten künftig attraktiv auf Familien mit nicht-schulpflichtigen Kindern, Betriebsausflüge oder auch für meditative Veranstaltungen, etwa Yoga-Gruppen, wirken.“

Die Sektion hat den Unternehmensberater Georg Oberlohr mit der Suche nach einem neuen Pächter beauftragt. „Der erfahrene Hütten-Experte war zuvor als Coach im Rotwandhaus. Herr Weihrer war bemüht, konnte das Konzept aber nicht so umsetzen wie von der Sektion angedacht“, sagt Greulich. „Als Sektion hätten wir eine starke Nummer 2 oder ein Pächter-Team immer befürwortet. In den vergangenen 30 Jahren hatte Peter Weihrer deshalb aber nie das Gespräch mit der Sektion gesucht.“

Für das Pächterpaar war der vergangene Sommer wegen der Rotaviren im Wasser verlustreich. Die Hütte musste wochenlang geschlossen bleiben. Der Sektion werfen sie vor, Erneuerungen an Quelle und Wasseranlage nicht viel früher durchgeführt zu haben. Mit der neuen Anlage wollte Peter Weihrer heuer wieder durchstarten. Jetzt muss er nach über drei Jahrzehnten ausziehen: „Laut Rechtsanwalt ist die Kündigung korrekt. Aber wir lassen uns nicht entmutigen und werden als Team mit bewährtem Konzept aus regionalen Produkten und Direktvermarktung andernorts wieder für unsere Gäste da sein.“ Es ist das bittere Ende einer Ära auf der Rotwand.

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