SPD-Abgeordnete attackiert

von Redaktion

Angriff beim Plakatieren – Studie zeigt: kein Einzelfall

Beim Plakatieren geschubst: Die SPD-Landtagsabgeordnete Anna Rasehorn wurde im Wahlkampf angegriffen. © Balk/dpa

München/Augsburg – Erst seit diesem Wochenende dürfen die Parteien ihre Wahlplakate für die Bundestagswahl am 23. Februar aufhängen. Es ist anstrengend, Plakat für Plakat zu platzieren und mit Kabelbindern festzuzurren. Vor allem aber ist der Job gefährlich. Jetzt ist die bayerische SPD-Landtagsabgeordnete Anna Rasehorn beim Plakatieren bedroht und attackiert worden. Im Augsburger Stadtteil Haunstetten wurde die 33-jährige Politikerin zurückgedrängt, geschubst und ihr wurden Schläge angedroht, wie ein Parteisprecher mitteilt. Selbst will sie sich nicht dazu äußern – da noch keine Aussage bei der Polizei gemacht wurde.

Auch mehrere SPD-Plakate wurden in Augsburg zerstört. Die Sozialdemokraten jedenfalls sehen einen Zusammenhang mit AfD-Plakaten, die ganz in der Nähe aufgehängt wurden. Anna Rasehorn engagiert sich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus.

Es ist nur ein aktuelles Beispiel für tätliche Angriffe auf Politiker. Immer mehr geraten politisch Engagierte ins Visier, wie eine Studie der TU München und der Menschenrechtsorganisation HateAid zeigt. Demnach haben 58 Prozent der 1114 befragten politisch Engagierten bereits online Hass und Hetze erlebt. Frauen (63 Prozent) sind dabei häufiger von digitaler Gewalt betroffen, als Männer (53 Prozent). Doch oft bleibt es nicht nur bei Gewaltandrohungen. Rund ein Drittel hat in der Befragung angegeben, Opfer von physischer Gewalt geworden zu sein.

Auch die bayerische Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Schulze, wurde 2023 in Neu-Ulm bei einer Veranstaltung angegriffen. Ein Mann hatte damals einen Stein in Richtung Bühne geworfen. „Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker ist auch in Bayern ein zunehmendes Problem“, sagt sie unserer Zeitung. Auch auf ihren Social-Media-Plattformen „erlebe ich immer wieder Hass und Hetze“, erklärt die Grünen-Politikerin. Deswegen setzte sie sich seit Jahren dafür ein, dass sogenannter Hate-Speech und digitaler Gewalt der Riegel vorgeschoben wird. Denn: „Es spielt keine Rolle, ob ein Mensch auf der Straße beleidigt wird oder ob das bei Social-Media-Plattformen passiert.“

Das haben bereits Ausschreitungen im Wahlkampf vergangenes Jahr bewiesen. In Dresden wurde ein AfD-Stand attackiert, in Aalen wurde der CDU-Bundestagsabgeordnete Roderich Kiesewetter an einem Wahlstand leicht verletzt. Die Gewalt gipfelte in einem Angriff auf den SPD-Politiker Matthias Ecke. Der Europaspitzenkandidat wurde von vier Tätern brutal zusammengeschlagen – beim Plakatieren in Dresden. Er erlitt Knochenbrüche im Gesicht, musste später operiert werden. Danach empfahl Thüringens Innenministerium nicht mehr alleine oder nachts die Wahlplakate aufzuhängen.

Für viele Politiker ist mittlerweile der Druck zu groß, die Angst wächst. „Auch ein kompletter Rückzug aus der politischen Arbeit kam für Befragte infrage“, sagt Studienautorin Janina Steinert. Laut der Studie dachten 22 Prozent der Frauen und zehn Prozent der Männer darüber nach.

Bundestagsvizepräsidentin Yvonne Magwas (CDU) hat sich schon entschieden. Seit sie das Amt innehat, habe sie „Erniedrigungsanfeindungen“, „Einschüchterungsversuche“ und „richtigen Hass“ erlebt. Auch deswegen tritt sie zur Bundestagswahl dieses Jahr nicht mehr an.
LEONIE HUDELMAIER

Artikel 11 von 11