Erding – Stadtpfarrer Martin Garmaier aus Erding ist nicht öffentlichkeitsscheu. Seit einigen Jahren lässt er seine Silvesterpredigten mitschneiden. Seine jüngste Ansprache zum Jahresschluss hatte es in sich. Diesmal kassierte er auch eine Strafanzeige. Von einem pensionierten Polizisten und bekennenden AfD-Mitglied. Der Vorwurf: „Volksverhetzung und üble Nachrede“. Die Landshuter Staatsanwaltschaft hält sich bedeckt. Der Eingang der Anzeige wird bestätigt, aber die Ermittlungen liefen erst an.
Was Garmaier gesagt hat, lässt sich auf der Internetseite seines Pfarrverbands nachhören. Die angegriffenen Aussagen beginnen etwa bei Minute 8:25. Da kommt der Pfarrer „auf diesen schrecklichen Anschlag“ auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg zu sprechen. Viele hätten sich mit den Opfern und Hinterbliebenen solidarisiert, Sprachlosigkeit, Wut und Trauer ausgehalten, andere dagegen „unter dem Mäntelchen des Mitgefühls“ eine Kundgebung „eher zu einer Wahlveranstaltung verkommen“ lassen.
„Und wenn dann eine Alice Weidel sich hinstellt und von Islamisten spricht, dann hat sie offensichtlich die Nachrichten nicht vernommen“, so Garmaier. „Denn der Täter war ein klarer und deutlicher Befürworter der AfD, war ein erklärter Gegner des Islam und vieles andere.“ Und alle, die in diesem Zusammenhang „Ausländer raus“ geschrien haben, wolle er daran erinnern, „wie viele Terroranschläge und Attentate in unserem Lande auch durch Deutsche waren“. Der Pfarrer nennt den Terror von RAF und NSU, aber auch das Attentat auf eine Synagoge in Halle: „Es sind nicht nur Ausländer, es sind Menschen, die ideologisch verbrämt sind, Menschen, die wirklich die Würde anderer Menschen nicht anerkennen und so zu Verbrechern, zu Schwerverbrechern und Mördern werden.“
Dann formuliert der Priester eine Spitze gegen die Kanzlerkandidatin der AfD: „Und wenn eine Alice Weidel und viele andere dies in entsprechender Weise umnützen, so werden sie auf ihre Weise zu Verbrechern, zu Verbrechern an unserer Gesellschaft, zu Verbrechern an jenen Menschen, die hier als Gäste sind und vielfach ja auch wissen, wie sie sich aufführen müssen und auch vielfach dankbar sind über die Möglichkeit hier zu sein.“
Garmaier berichtet von gemischten Reaktionen. Einige „unqualifizierte Kommentare“ habe er in E-Mails bekommen. Ein Pfarrer habe sich aus der Politik herauszuhalten, habe es da sinngemäß geheißen. Nach Bekanntwerden der Anzeige seien bei ihm aber fast ausschließlich anerkennende Rückmeldungen eingegangen.
Der Anzeigenerstatter ist für den Pfarrer kein Unbekannter. Er habe schon häufiger auf seine Predigten mit Leserbriefen reagiert und auch schon mal mit einer Anzeige gedroht. Natürlich könne man aber über die Verwendung des Begriffs „Verbrecher“ streiten. Wie das zu beurteilen sei, müsse nun die Justiz entscheiden. Wenn er es für nötig halte, wolle er sich weiter kritisch äußern, auch zu aktuellen politischen Fragen. Das sei jetzt aber „nix, was ich jeden Sonntag mache“.
KNA