Der Museumschef: Tobias Esch (r.) mit Redakteur Johannes Welte vor den historischen Funden römischer Donauboote.
Das Kelten Römer Museum in Manching: Die Begeisterung für Archäologie kam in dem Ort erst spät auf.
Der Goldschatz: 2100 Jahre alt sind die Münzen, die Diebe im November 2022 spektakulär aus dem Museum raubten. © dpa
Die leere Vitrine im Manchinger Museum: Bürgermeister Herbert Nerb zeigt auf das Foto des Goldschatzes, der hier eigentlich ausgestellt wurde – bis Diebe ihn stahlen. © Markus Götzfried (3)
Manching – „Hier hätten Sie den 1999 im Oppidum von Manching entdeckten Goldschatz im Original betrachten können, wenn er nicht im November 2022 gestohlen worden wäre.“ Nur ein vergilbtes Foto, neben dem dieser Satz steht, erinnert in der Bodenvitrine des Manchinger Kelten Römer Museums an das über 2100 Jahre alte Gold, das hier bei einem spektakulären Einbruch gestohlen wurde.
Museumschef Tobais Esch steht im Ausstellungsraum und versucht den Verlust des Jahrhundertfunds etwas zu relativieren: „Es ist natürlich eines der Highlights unseres Museums gewesen. Aber nicht das einzige, was ich immer wieder betone.“ Doch er muss zugeben: „Es war nun einfach der größte keltische Goldschatz, der im 20. Jahrhundert entdeckt worden ist.“ Ja, definitiv habe der Goldschatz, neben anderen Funden wie dem zweier römischer Donauboote, zur Identifikation der Manchinger mit ihrem archäologischen Erbe beigetragen.
Das war nicht immer so, wie sich Bürgermeister Herbert Nerb, der neben Esch im Museum steht, erinnert: „Früher waren die Leute genervt, wenn sie bauen wollten und erst mal die Boandlkramer kamen.“ Das waren die Archäologen, die seit dem 19. Jahrhundert die Keltenstadt bei Manching erforschten, was auf Baustellen Verzögerungen bedeutete. Und die Grundstücksbesitzer mussten die Ausgrabungen auch noch bezahlen. 1999 entdeckten die Forscher den spektakulären Goldschatz, den vor über 2000 Jahren wohl der Besitzer zum Schutz vor Räubern vergraben hatte – welch Ironie der Geschichte. Denn die Germanen, die damals oft die Kelten überfielen, fanden ihn nicht. Die Diebe im Heute und Jetzt schon.
Bereits 1994 hatte man zwei hervorragend erhaltene römische Donauschiffe im Ortsteil Oberstimm ausgegraben – die einzigen mit Nut-und-Feder-Technik nördlich der Alpen. Doch erst interessierten sich die Manchinger nicht besonders für die Funde. „Die Stadt Ingolstadt war dann aber so frech und wollte unsere Römerschiffe und unser Gold für ihre Museen haben“, erinnert sich Nerb. Und plötzlich erkannte man in der Marktgemeinde den Wert des historischen Erbes. Ein eigenes Museum musste her, das 2006 eröffnet wurde.
18 Jahre später wurde der Goldschatz geraubt, wobei eine ganze Reihe von Pannen den Räubern die Arbeit erleichterte. Zunächst legten sie das Telefonnetz in Manching lahm, nachdem sie in ein Schalthaus der Telekom eingebrochen waren. Die Überwachungskameras im Museum konnten keine Bilder liefern, weil ihre Software nicht aktualisiert worden war. Weitere Details werden im Laufe des Prozesses bekannt werden. Einzelheiten will Esch nicht verraten, er muss noch als Zeuge vor Gericht aussagen. Man habe kräftig nachgerüstet, betont er. Auch hier gibt es keine Details. Sicher ist sicher. Aber innen wie außen ist zu sehen, dass Dutzende neue Überwachungskameras installiert wurden. Nur: „Es gibt eigentlich nichts mehr, was sich zu stehlen lohnt, wir haben nichts mehr von materiellem Wert“, sagt Esch.
Übrig geblieben vom Keltenschatz sind 18 Goldklumpen, die die Polizei bei einem der Angeklagten beschlagnahmte. 70 der 483 Münzen wurden dafür eingeschmolzen. „Einen wissenschaftlichen Wert haben die Klumpen nicht mehr“, sagt Esch. Aber Bürgermeister Nerb will sie ausstellen. „Sie gehören zur Geschichte unseres Museums, und deshalb werden wir sie nach Abschluss des Verfahrens präsentieren.“ Doch Nerb hat noch eine Hoffnung: „Es ist gut möglich, dass die restlichen 400 Münzen nicht eingeschmolzen wurden und sie am Ende des Prozesses auftauchen.“ Ein Geständnis und die Rückgabe der Münzen könnten das Strafmaß reduzieren – so wie beim Prozess um den Raub aus dem Dresdner Grünen Gewölbe durch den Remmo-Clan.
Und wenn das nicht passiert? Esch sagt: „Manching ist die am besten erforschte Keltenstadt Europas und für Forscher ein Referenzobjekt wie Troja oder Mykene für die jeweilige Kultur. So bitter der Verlust der Münzen ist, die herausragende Bedeutung Manchings für die Keltenforschung kann uns keiner nehmen.“