In Tutzing konnte Landrat Stefan Frey (hinten 2.v.r.) vor Kurzem eine Unterkunft für 144 Menschen öffnen. © Andrea Jaksch
Etliche Bürger besichtigten am Freitag die umstrittene Container-Unterkunft in Warngau. © THOMAS PLETTENBERG
Warngau/Rott – Die Zimmer sind klein und trist: Etagenbetten aus Metall, ein kleiner Tisch mit zwei Stühlen, ein schmaler Schrank. So sind die Wohncontainer der neuen Warngauer Asylbewerberunterkunft im Kreis Miesbach ausgestattet, über die in den vergangenen Monaten viel und hitzig gestritten wurde. Nun ist alles fertig. Nach und nach wird die neue Unterkunft mit 500 Menschen belegt. Gestern konnten sich die Bürger gemeinsam mit Landrat Olaf von Löwis (CSU) ein Bild machen – die Chance haben viele genutzt. Die Debatten im Vorfeld waren so emotional gewesen, dass von Löwis eine Veranstaltung unter Polizeischutz verlassen musste. „Es ist kein Luxus, aber solide“, sagte der Landrat mit Blick auf die kleinen Zimmer. „Es ist Irrsinn“, sagt ein Anwohner. Es ist das letzte Kapitel eines langen Asyl-Streits. Am Montag werden die ersten 50 Geflüchteten aus einer Turnhalle in das Containerdorf umziehen.
Nicht nur im Kreis Miesbach ist in den vergangenen Monaten viel über die Unterbringung der Asylbewerber gestritten worden. Auch in Rott am Inn kämpfen viele der rund 4200 Einwohner seit Monaten gegen eine geplante Unterkunft. Das Landratsamt Rosenheim plant eine Erstaufnahmeeinrichtung in einer Halle im Gewerbegebiet. Erst hieß es, dass dort 500 Menschen untergebracht werden sollen, inzwischen ist nur noch von 270 Geflüchteten die Rede. Seit die Pläne vor gut einem Jahr bekannt wurden, hat sich im Ort eine Bürgerinitiative gebildet, die zuletzt vor den Petitionsausschuss des Landtags gezogen war und bei der CSU-Klausur vor dem Kloster Seeon demonstriert hatte. Alle Gespräche und Proteste haben jedoch nichts gebracht. Der Landkreis hat vor Kurzem die Baugenehmigung erlassen. Die Gemeinde hat sich entschieden, dagegen zu klagen. Und nicht nur sie – auch die beiden Nachbarn, deren Unternehmen direkt an die Halle grenzen. Eine davon ist Heike Bachert. „Wir sind nicht grundsätzlich dagegen, dass Flüchtlinge bei uns untergebracht werden“, sagt sie. 120 Geflüchtete leben bereits in Rott, das funktioniere gut. Aber eine so große Unterkunft sei für eine kleine Gemeinde zu viel, betont sie. Außerdem hält sie den Standort zwischen den Speditionen, deren Lastwagen dort rangieren müssten, für völlig ungeeignet. „Die Unterbringung in dieser Halle ist menschenunwürdig“, sagt Bachert. „Es würde auch Probleme geben, wenn 270 Menschen aus Rott dort einziehen müssten.“ Die Menschen müssten auf viele kleine Unterkünfte überall im Landkreis verteilt werden. Deshalb klagt sie vor dem Verwaltungsgericht gegen die Baugenehmigung. Wie ihre Chancen stehen, kann sie nicht einschätzen. Aber sie weiß, es ist die letzte Chance, die große Unterkunft in Rott zu verhindern.
Auch in anderen Landkreisen wird geklagt. Westendorf, ein kleines Dorf im Ostallgäu, kämpft vor dem Verwaltungsgericht gegen die Unterbringung von 50 Geflüchteten. Die Stadt Wolfratshausen klagt gegen eine Flüchtlingsunterkunft im Gewerbegebiet, in der 144 Menschen einen Platz finden sollen. Die Asylhelfer vor Ort sprechen zwar von einem Vorzeigeprojekt, der Stadtrat will die Unterkunft aber aus Lärmschutzgründen verhindern. Er fürchtet, sie könnte die Gewerbetreibenden vor Ort einschränken. In Gröbenzell im Kreis Fürstenfeldbruck haben sich die Nachbarn zusammengeschlossen, um zu verhindern, dass Container für 44 Flüchtlinge aufgebaut werden. Die Bürgerinitiative argumentiert, das sei eine menschenunwürdige und integrationsfeindliche Unterbringung. In Bad Tölz hat ein Bürger vom Verwaltungsgericht bereits per Eilentscheid Recht bekommen. Er hatte gegen die Pläne des Landratsamts geklagt, neben dem Haus seiner 91-jährigen Mutter eine Unterkunft für bis zu 93 Flüchtlinge zu bauen. Dort würden auf engstem Raum viele Menschen zusammengepfercht, die Bürger seien nicht informiert worden. Außerdem passe der 49-Meter-Bau nicht in das Wohngebiet.
Der Starnberger Landrat Stefan Frey (CSU) geht bewusst einen anderen Weg. Er will alle Bürger und Gemeinden bei dieser Herausforderung mitnehmen, geht in jeden Gemeinderat, wenn der Bau einer Unterkunft ansteht. Mit Klagen hatte er noch nicht zu tun – obwohl es in allen 13 Gemeinden und in der Stadt Starnberg Unterkünfte gibt. Drei neue sind gerade entstanden, bestehende werden erweitert. Die festgelegte Aufnahmequote konnte Starnberg immer erfüllen – ohne Turnhallen zu belegen. Das ist die rote Linie, die sich Frey selbst gesetzt hat. „Das würde die Stimmung kippen lassen. Wir versuchen so zu planen, dass niemand überfordert wird“, sagt er und meint damit: keine großen Asylheime in kleinen Orten, Bauweisen, die ins Ortsbild passen, viel Transparenz. Frey hat in seinem Kreis gut aufgestellte Helferkreise, die unverzichtbar bei der Integration seien, sagt er, betont aber auch: „Immer wird das so nicht weitergehen. Auch wir können nicht jedes Jahr 600 neue Plätze schaffen.“