Rückkehr ins Leben

von Redaktion

Berichte unserer Leser übers Kriegsende 1945 und den Neubeginn

Onkel Franz vor dem Alten Rathaus. © privat (2)

Das erste Eis: Ingrid und Helga (re.) schmeckt‘s. © Repros: Schlaf

Erinnerungen an die Nachkriegszeit: Helga Heinrich mit ihrem Fotoalbum.

Ein Gedenkkreuz für den Vater: Reinhard Frank.

Das Kino bot Abwechslung vom harten Nachkriegsalltag: Christine und Rudolf Schneidenbach vor einem Filmplakat, das Marika Rökk in „Fregola“ bewirbt. © privat

München – Es war ein Kampf bis zum Untergang: Vor 80 Jahren ging in Bayern etappenweise und langsam-quälend der Krieg zu Ende. Am 7./8. Januar 1945 erlitt München den letzten schweren Luftangriff, danach dauerte es noch bis Ende April, ehe die von Norden einrückenden Amerikaner die Landeshauptstadt erreichten. In einer Serie beleuchten wir unterschiedliche Aspekte dieser dramatischen letzten Etappen. Heute: Berichte und Erinnerungen unserer Leser – die vom Lebensmut nach der Katastrophe zeugen.

Onkel Franz

In der Familie von Reinhard Frank aus Gilching (Kreis Starnberg) gab es nach dem Krieg ein Hoffen und Bangen. Drei Jahre lang dauerte es, ehe Onkel Franz aus der Gefangenschaft heimkam. Ein Foto zeigt einen ausgezehrten Mann mit zerschlissenem Armeemantel und abgetragener Umhängetasche vor dem zerbombten Alten Rathaus in München. Sein Eintreffen nährte Hoffnung, dass es auch mit seinem Bruder – Franks Vater – ein Wiedersehen geben könnte. Er galt seit Juni 1944 vermisst – Reinhard Frank war da gerade einmal drei Wochen alt. Doch die Hoffnung zerschlug sich. 1991 stellte Reinhard Frank Nachforschungen an, fuhr sogar ins ehemalige Kampfgebiet nahe der Hauptstadt Minsk in Weißrussland. Ein Grab fand er nicht, aber am Ufer der Beresina konnte er ein aus Birkenästen gefertigtes Gedenkkreuz für seinen Vater aufstellen. Das war ihm ein Anliegen. „Ich bin sehr glücklich und erleichtert, dass ich das gemacht habe“, sagt Reinhard Frank heute.

Das erste Eis

Die Eltern von Helga Heinrich aus Ottobrunn hatten seit 1938 ein Café an der Weißenburger Straße in Haidhausen. Als sich die Menschen nach der Währungsreform wieder „etwas leisten“ konnten, bot der Vater Speiseeis an – die Portion kostete nach der Erinnerung von Helga Heinrich 20 Pfennig. Das fand reißenden Absatz – und auch die beiden Töchter Ingrid und Helga durften probieren. Davon gibt es ein Foto – die beiden Kinder sitzen verträumt an einer Hauswand und schlecken. Die Eissorten damals: Vanille, Zitrone, Himbeere, Schoko und Nuss – „mit diesen Sorten war man glücklich“.

Vorfreude aufs Kino

Christine und Rudolf Schneidenbach, die Eltern von Iris Forner aus München, kannten sich seit ihren Kindertagen. Sie stammten aus Kunnersdorf im Sudetenland (heute Tschechische Republik). Nach dem Ende des Kriegs schlug sich Christine ganz allein bis nach München durch, wo sie ihren Rudolf, der kurz in amerikanischer Gefangenschaft gewesen war, wieder in die Arme schließen konnte. Sie kamen dann in Planegg unter. Ein Foto zeigt die beiden vor einem großen Filmplakat – der Musik- und Revuefilm „Fregola“ mit Marika Rökk und Rudolf Prack war 1948 einer der großen Kassenschlager des Nachkriegsfilms. Das Foto der beiden vor dem Luitpold-Kino, aufgenommen vermutlich in München, zeugt von unbändigem Lebenswillen. „Sie haben trotz der Trümmerfelder den Mut nicht verloren und in diesen schweren Nachkriegsjahren fünf Kinder bekommen“, berichtet Iris Forner. „Ich frage mich oft, wie sie das alles geschafft haben.“
DIRK WALTER

Leser-Aufruf

Wer alte Fotos oder Berichte zum Kriegsende in Bayern besitzt, kann sich via E-Mail bei Dirk.Walter@merkurtz.de melden.

Artikel 5 von 11