Was war das früher spannend: Als der Freistaat in den 2010er-Jahren eine Bahnlinie im Wettbewerb ausschrieb, gab es vier, fünf, ja manchmal sogar noch mehr Interessenten. Potente Konkurrenten der einst übermächtigen Deutschen Bahn wie Netinera, Veolia, ja selbst die ÖBB streckten ihre Fühler nach lukrativen Strecken aus. Das ist lange her. Heute muss der Freistaat, wenn er eine Strecke ausschreibt, froh sein, wenn es mehr als einen Bewerber gibt. Der Wettbewerb ist weitgehend zum Erliegen gekommen – um nicht zu sagen: Er ist tot.
Jüngstes Beispiel ist das Netz Chiemgau-Inntal, also die Strecken Richtung Rosenheim, Salzburg und Kufstein, wo die bayerische Eisenbahngesellschaft die Ausschreibungsfristen schon zwei Mal verlängern musste. Bisher hat sich kein (!) Anbieter gemeldet, der die Strecken ab 2029 betreiben würde. Statt einem Bieter-Wettstreit sieht sich der Freistaat mit einer Flut von Beschwerden konfrontiert: Die vor Jahren abgeschlossenen Vertragskonditionen passen nicht mehr, den Unternehmen laufen die Kosten davon, zudem müssen sie Vertragsstrafen (Pönale) zahlen, obwohl sie den Baustellen der DB InfraGo hilflos ausgeliefert sind.
Gewiss, hier wird auch gepokert und eine schwierige Situation vielleicht auch um ein, zwei Stufen drastischer beschrieben, als sie ist. Dennoch muss (und wird) der bayerische Verkehrsminister Christian Bernreiter reagieren. Der Freistaat kommt um Konzessionen bei Alt- und Neuverträgen kaum herum. Das geht allerdings nur, wenn Bernreiter vom Finanzminister zusätzliche Millionen erhält. Klar, Geld ist überall knapp. Aber der Bahnverkehr ist im autofixierten Bayern eh traditionell unterfinanziert, obwohl er zur Daseinsvorsorge gehört. Es wäre ein Fiasko, müssten künftig Strecken mangels Anbieter eingestellt werden.