Wirbel um Wildfütterung

von Redaktion

Zwist in Jagdrevier am Tegernsee kocht hoch

Eine Futterstelle fürs Rotwild. Braucht‘s das? © Bernhardt/Imago

Rottach-Egern – Johanna Ecker-Schotte ist besorgt: „Das Rotwild ist im absoluten Stress und orientierungslos“, sagt die Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal. Sicherheit und Ruhezonen würden ihm genommen. Ihr Vorwurf: Die Verantwortlichen im Jagdrevier Rottach-Egern würden dem Rotwild das Überleben quasi verweigern.

Ein richtiger Zwist um die Wildfütterung hat sich am Tegernsee (Kreis Miesbach) entzündet. Und ein ausgezehrter Hirsch, der sich vor Kurzem tagelang an Rottacher Bauernhöfen rumtrieb und am Ende von einem Jäger erlöst werden musste, lässt den Konflikt hochkochen.

Die Vorgeschichte: Die Entscheidung der Jagdgenossen, also der Grundbesitzer, die Fütterung einzustellen und auf echte Notzeiten zu beschränken, hat Empörung ausgelöst. Dabei gehen die Meinungen, was eine Notzeit ist, auseinander. Nach Ansicht des Jagdvorstands könne angesichts des aktuell eher milden Winters derzeit keine Rede davon sein. Jägerschaft, Tierschützer und viele Bürger sehen das allerdings ganz anders.

In den Augen der Jagdvorsteher sind Verbiss und Wildbestände in der Jagdgenossenschaft Rottach-Egern zu hoch. „Wir wollen nicht, dass das Wild wie von einem Magneten angezogen wird, sondern sich verstreut“, so der Zweite Vorsitzende Lorenz Kandlinger. Zumal in einem 200-Meter-Radius um Winterfütterungen die Tiere nicht geschossen werden dürfen. „Wir wollen die Jagd weiter ermöglichen, um die hohen Bestände zu reduzieren.“ Er betont: „Bei uns verhungert kein Wildtier.“ Und: „Wir sind keine Wildhasser.“

Nachdem die Jagdgenossen die Fütterung reduziert haben, bieten manche Leute dem Wild auf eigene Faust Nahrung an. Die Retourkutsche kam bald: „Das sind illegale Wildfütterungen“, sagt Kandlinger. Deshalb hat der Jagdvorstand Anzeige bei der Polizei erstattet, die Ermittlungen laufen.

Unterdessen bekamen die Rottacher Jagdgenossen Post vom Landratsamt Miesbach in seiner Funktion als Untere Jagdbehörde. Laut Kandlinger und seinem Kollegen, dem Vorsitzenden Quirin Berghammer, ist in dem Brief von einer Notzeit die Rede, weshalb eine Fütterung angezeigt sei. Doch die Grundbesitzer bleiben bei ihrem Kurs: „Wir haben das Schreiben an die Regierung von Oberbayern weitergeleitet“, berichtet Kandlinger. Dort sitzt die Obere Jagdbehörde. Diese möge nun prüfen, ob das Rotwild in Not sei. Kandlinger und Berghammer verneinen das und sehen sich auf einer Linie mit dem Amt für Landwirtschaft und der Waldbesitzervereinigung.

Doch auch die Gegenseite suchte Rückendeckung: Tierschützerin Ecker-Schotte hatte einen Brief ans Bayerische Wirtschaftsministerium als Oberste Jagdbehörde verfasst. Ihr Ziel: Die drei Futterstellen in Rottach-Egern sollen wie in den Vorjahren betrieben werden. Zudem will sie, dass in Kreuth-West wieder eine Fütterung stattfindet. Ihr Schreiben an Minister Hubert Aiwanger (FW) fand Gehör: Sie war zu einem Gespräch mit der Obersten Jagdbehörde geladen. Ihrem Ziel, die Fütterung zu reaktivieren, sieht sie sich seither näher. Auch an anderer Front wird dafür gekämpft: Die Online-Petition „Fortsetzung der Fütterung der Wildtiere in Rottach-Egern“, eine Initiative einer Münchnerin, hat bereits über 2200 Unterstützer gefunden.

Den im Raum stehenden Vorwurf, der ausgezehrte und erschossene Hirsch sei verhungert, weil die Grundbesitzer die Wildfütterung einstellten, entkräftet derweil Jagdleiter Franz Maier. „Der Hirsch hatte einen doppelten Bruch des Unterkiefers“, erklärt er. Die Verletzung habe das Tier wohl in der Brunftzeit beim Kampf mit einem Rivalen erlitten. Nun will sich der Miesbacher Landrat Olaf von Löwis (CSU), selbst studierter Forstwirt, bei einem Ortstermin ein Bild von der verzwickten Lage machen. Ausgang? Offen!
MAR/GAB/JM

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