Nicht gerettet: St. Benedikt in Ebenhausen wird zurückgebaut. © Sabine Hermsdorf-Hiss (2)
Gerettet: Die St. Nikolauskapelle in Geretsried konnte dank Spenden saniert werden.
Die kirchliche Ausstattung wird nach der Profanierung aus der ehemaligen Fliegerhorstkirche in Erding getragen. © Peter Gebel
München – Die St. Nikolauskapelle in Geretsried wird immer schöner. Seit Monaten laufen die Sanierungsarbeiten: Das Turmdach über der Sakristei hat neue Lärchenholzschindeln bekommen, das neu vergoldete Doppelkreuz hängt, die Risse an der Außenfassade werden abgedichtet und zugespachtelt. Die Kapelle ist 1722 erbaut worden, die Sanierung war bitter nötig – genau wie bei vielen anderen Kirchen und Kapellen in Bayern. Doch in den meisten Fällen fehlt dafür Geld. Um St. Nikolaus zu erhalten, haben Bürger gespendet oder Patenschaften für Dachschindeln übernommen. Die günstigste war für 30 Euro zu haben, die teuerste für 300 Euro. An den Sanierungskosten von insgesamt einer halben Million hatten sich neben der Erzdiözese München und Freising auch die Stadt Geretsried und das Denkmalamt beteiligt. Den Rest stemmten die Kirchenstiftung und die Interessengemeinschaft der Bürger, die ihre Kapelle unbedingt erhalten wollten. Ein Kraftakt, der nicht überall gelingt.
Viele Gotteshäuser in Bayern müssten saniert werden. Doch nicht zuletzt wegen der sinkenden Kirchensteuern fehlt dafür das Geld. Das führt dazu, dass immer mehr Kirchen profaniert, also entwidmet werden. Die evangelische Landeskirche hat das in Zahlen erfasst: Von den 1774 Kirchengebäuden und 271 Gemeindezentren mit Sakralraum seien in den vergangenen 20 Jahren 17 Kirchen profaniert worden. Vorher würden gewissenhaft unterschiedliche Szenarien geprüft, sagt eine Sprecherin. Das können alternative Finanzierungskonzepte sein oder eine Mischnutzung unter Aufrechterhaltung der sakralen Nutzung. „Wenn das nicht wirtschaftlich ist, kommt eine Aufgabe des Kirchengebäudes in Betracht.“
In der Fliegerhorstkirche in Erding ist das erst vor Kurzem passiert. An Silvester wurde sie mit einem Gottesdienst entwidmet. Für viele Gläubige war es ein emotionaler Moment, sie waren dort getauft worden oder hatten dort Hochzeit gefeiert. Bei einigen flossen im Gottesdienst Tränen. Wie es mit der knapp 80 Jahre alten Kirche weitergeht, entscheidet nun der Stadtrat.
Aber für eine Umnutzung gelten klare Regeln: Die Nutzung darf den Werten der Kirche nicht widersprechen. „Besonders erstrebenswert sind Nachnutzungen, die nicht nur den Charakter des einst sakralen Gebäudes erhalten, sondern auch einen Mehrwert für die Bevölkerung schaffen“, sagt die Sprecherin. In Beratzhausen in der Oberpfalz ist an die ehemalige evangelische Kirche zum Beispiel ein Wohnheim für benachteiligte Menschen angebaut worden. Das Gebäude ist nun ein Begegnungszentrum in nicht-kirchlicher Trägerschaft. Es gibt aber auch Kirchen, die als Wohnraum genutzt werden oder von der Gemeinde. In die evangelische Emmauskirche in Kreuth im Landkreis Miesbach soll eine Kinderkrippe einziehen, dafür ist ein Anbau nötig. Im Landkreis Ebersberg wird gerade über eine Umnutzung der evangelischen Kirchen in Glonn und Aßling diskutiert. Noch werden Ideen gesammelt. Die Gemeinde Glonn hat etliche Vereine, der Bedarf an Räumlichkeiten ist groß, berichtet Bürgermeister Josef Oswald. Schon vor zwei Jahren hat die Gemeinde einen Raum der Kirche für Deutschkurse genutzt. Kürzlich hat dort ein Repair-Café stattgefunden.
Auch über eine neue Nutzung von St. Benedikt in Ebenhausen (Kreis München) ist nun über ein Jahr beraten worden. Damals hatte in dem stark sanierungsbedürftigen Gotteshaus der letzte Gottesdienst stattgefunden. Eine Projektgruppe wollte nach der Profanierung aus dem Gebäude eine Art Treffpunkt für alle machen. Viele Ideen – vom Sport über Konzerte bis zur Kinderbetreuung – standen im Raum. Letztlich scheiterte alles an den Sanierungskosten in Millionenhöhe. Seit Kurzem steht fest, dass die Kirche zurückgebaut werden muss. „Es ist der erste Abriss einer unserer Kirchen seit der Nachkriegszeit“, sagt Christoph Kappes, Sprecher des Erzbistums München und Freising. Vor 14 Jahren sei zwar auch eine Kirche in Holzkirchen abgerissen worden, sie wurde aber durch einen Neubau ersetzt – das war günstiger als die Sanierung. Kappes sagt: „Aber die Zeiten ändern sich, die Ressourcen der Kirche gehen zurück.“ Das wird in immer mehr Gemeinden sichtbar.
KWO/AC/AK/EB/SH/PG