… bei Désirée von Bohlen und Halbach. © Achim Schmidt
Desideria Care kümmert sich um Angehörige von Demenzkranken, eine vergessene Gruppe von Betroffenen. Die Vereinsgründerin Désirée von Bohlen und Halbach erklärt, was notwendig ist, um diese Menschen zu unterstützen.
Über Demenz spricht man nicht. Warum muss dieses Tabu gebrochen werden?
Genau damit man drüber sprechen kann, ohne sich schämen zu müssen. Das würde allen Menschen helfen. Warum spricht man über diese Krankheit und ihre Folgen nicht? Vielleicht, weil man glaubt, in dieser Welt so perfekt sein zu müssen. Eine Erkrankung schmeißt das ganze Familiensystem durcheinander. Man will sich einfach nicht mit Mängeln oder Makel zeigen. Wir sollten darüber sprechen, dass eine Krankheit keinen Makel darstellt.
75 Prozent der Menschen mit Demenz werden von ihren Angehörigen zu Hause betreut. Was ist das größte Problem für die Angehörigen?
Ich glaube, dass sie in eine Überforderungssituation geraten, dass sie sich zu wenig Hilfe suchen, weil sie glauben, sie schaffen es alleine. Viele wissen nicht, an wen sie sich wenden sollen, wenn die Diagnose da ist. Das ist ja erst einmal ein Schock. Man reagiert erst einmal über und rutscht in eine wahnsinnige Aktivität oder man gerät in eine Art Schockstarre. Eine Demenz ist eher ein schleichender Prozess. Erst einmal muss man akzeptieren, dass die Krankheit da ist. Dann Ruhe bewahren und versuchen, sich Hilfe zu holen.
Wie hilft Ihr Verein konkret?
Wir unterstützen die Angehörigen hauptsächlich mit unseren Online-Angeboten. In Seminaren vermitteln wir unseren Angehörigen, welche Folgen die Erkrankung haben kann. Wir schulen sie im Umgang mit den Kranken, aber vor allem mit sich selber. Wir haben auch Impuls-Workshops, in denen man ein besonderes Thema, das einen umtreibt, vertiefen kann. Da kommt es auch immer wieder zum Austausch mit anderen Angehörigen – das ist ganz besonders wichtig bei uns. Es gibt spezielle Angehörigen-Gruppen, aber auch individuelles Coaching, bei dem man sich persönlich begleiten lassen kann. Über einen Podcast kann man sich darüber hinaus viele Infos, Tipps und Ideen holen, wie der Umgang besser gelingen kann. Außerdem gibt es eine Sprechstunde für medizinische Fragen.
Wofür benötigt Ihr Verein Spenden?
Um all diese Angebote zu entwickeln und auf die Beine zu stellen. Wir brauchen Personal, um die Angehörigen zu beraten. Wir haben Coaches, die müssen geschult werden. Sie bekommen Supervision und Weiterbildung, das muss alles gestemmt werden. Was wir machen, braucht ganz viel Know-how. Und das kostet. Die wichtigste Botschaft von uns an die Angehörigen ist: sich Hilfe holen – und zwar rechtzeitig. Wenn man sich im Vorfeld gut aufstellt, wird es im Nachgang leichter. Für Menschen, die sich unser Coaching nicht leisten können, haben wir ein sogenanntes Fair Coaching – das unterstützen wir aus einem Spendentopf.
Neue Kolumne in unserer Zeitung
Désirée von Bohlen und Halbach wird für unsere Zeitung in einer Kolumne über das Thema Demenz berichten.