Kriminalhauptkommissar Glogger zeigt den Sicherheits-Checkpoint am Wallberg. © THOMAS PLETTENBERG (2)
Sicher im Schnee: Stefan Winter, Thomas Holz und sein Vize Wolfgang Pohl mit Thomas Feistl (v.l.). © THOMAS PLETTENBERG
Rottach-Egern – Es piepst immer lauter und schneller. Irgendwo hier soll ein Skitourengeher in einer Lawine liegen. Das Lawinenverschütteten-Suchgerät des Opfers sendet ein Signal aus. Kriminalhauptkommissar Ulrich Glogger macht jetzt sehr kleine Schritte und hält sein Suchgerät ganz nah an die Schneedecke. Dann macht er Kreuze in den Schnee, im Zentrum der Markierungen stechen zwei Bergwachtler nun mit einer Suchsonde immer wieder in den Schnee. Dann beginnen sie und zwei Alpinpolizisten nach dem Vermissten zu graben.
Einen Verschütteten hat Glogger, Alpinbeauftragter der bayerischen Polizei, gestern auf dem Wallberg im Kreis Miesbach nicht gefunden. Die Übung sollte aber zeigen, wie Einsatzkräfte im Notfall arbeiten. Wäre nahe der Bergstation der Wallbergbahn wirklich jemand verunglückt, hätten gleich mehrere Experten in Sachen Sicherheit am Berg helfen können. Der Einladung des Bayerischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit waren gestern Vertreter der Alpinpolizei, Bergwacht, des Lawinenwarndienstes und der Politik gefolgt. Sie alle wollen den Wintersport noch sicherer machen – zumal Unfälle beim Tourengehen und Rodeln zunehmen.
„Die meisten Tourenskigeher tragen ein LVS-Gerät“, erklärt Glogger. „Trotzdem wird mal vergessen, es einzuschalten, oder die Technik streikt.“ In beliebten Skitouren-Gebieten hat der Verband deutscher Polizeiberg- und Ski-Führer deshalb Sicherheits-Checkpoints aufgestellt. Auf dem Wallberg, am Taubenstein, in der Rosengasse in Oberaudorf und am Jenner. „An den blauen Tafeln hängt ein Messgerät, das die Sendefunktion der LVS-Geräte misst. Bei ‚Stopp‘ sollte man nicht abfahren.“
Für alle, die den In-Sport betreiben, soll die Gefahr durch Lawinen noch sichtbarer werden. „Wir müssen sie zeitgemäß kommunizieren, gerade um junge Leute zu erreichen“, sagt Thomas Feistl, Leiter des Lawinenwarndienstes Bayern. Zusätzlich zur Internetseite will Feistl Wintersportler über Instagram und Facebook durch Erklärvideos, aber auch Videos von Lawinenabgängen erreichen. Mit den Kollegen in Österreich, Italien und der Schweiz betreibt der Lawinenwarndienst die App „SNOBS“ – und mit der kann jeder grenzübergreifend zum Schneebeobachter werden und Infos zur Schneelage einstellen.
Auch das Rodeln wird immer beliebter. „Gerade kleine Skigebiete stellen sich vermehrt auf Rodler ein“, sagt Thomas Holz, Präsident des Kuratoriums für Alpine Sicherheit. Aber Rodeln auf engen, kurvigen Bergstrecken hat wenig mit Schlittenfahren am Hügel zu tun. Je steiler desto schneller ist man unterwegs. „Beim Rodeln glauben alle: Ich setz mich drauf, dann passt das schon. Selbst mit Kindern. Aber allein am Blomberg musste die Bergwacht am vergangenen Sonntag zu drei Rodelunfällen parallel ausrücken. Die Gefahren beim Rodeln werden unterschätzt – Unfälle haben schwere Kopfverletzungen, Brüche und tiefe Schnittwunden zur Folge.“
Stefan Winter vom DAV kennt die Zahlen: „Vergangene Saison rückte die Bergwacht Bayern zu 131 Rodelunfällen aus. Im österreichischen Alpenraum gab es deshalb 2200 Blaulicht-Einsätze, im deutschen insgesamt 500.“ Ein Helm würde vor Kopfverletzungen schützen. Das Kuratorium für Alpine Sicherheit fordert zwar keine generelle Pflicht, appelliert aber an die Eigenverantwortung der Wintersportler.
Am Start der 6,5 Kilometer langen Naturrodelbahn am Wallberg erklärt zudem eine große Tafel den Rodel-Knigge. „Nur mit Abstand überholen“, „Tempo an Strecke und eigenes Können anpassen“ oder „Schulterblick beim Start“ steht da. Genau wie „Rücksichtnehmen“. Eine Selbstverständlichkeit. Eigentlich.
CORNELIA SCHRAMM