Urlaub am Strand: Im Spielset „Vacation on the beach“ von Playmobil gibt‘s auch Eis.
Einmal Nilpferd bürsten, bitte: Figuren aus der Spielwelt „Pet grooming“ von Playmobil.
Eine Art Achterbahn zum Selberbauen: Das neue Spiel von Playmobil stellt Vorstand Bahri Kurter vor der Spielwarenmesse in Nürnberg vor. Es soll ältere Kinder ansprechen. © Daniel Karmann/dpa(3)
Nürnberg – Sie sind siebeneinhalb Zentimeter groß, lächeln freundlich und neun von zehn Deutschen kennen sie: Playmobil-Figuren. Wenn man alle knapp vier Milliarden Stück, die seit 1974 produziert wurden, nebeneinander stellen würde, würde diese Kette fast zweimal den Äquator umspannen. Das klingt nach einer bombastischen Erfolgsgeschichte, nach einer Marke für die Ewigkeit. Doch die letzten Jahre waren für den fränkischen Traditionskonzern eher ungemütlich. Jetzt wagt Playmobil den Befreiungsschlag – mit einem ganz neuen Standbein. Das stellte Playmobil-Vorstand Bahri Kurter am Montag vor der Eröffnung der weltgrößten Spielwarenmesse in Nürnberg vor.
Bahri Kurter, seit April 2023 Playmobil-Chef, macht es spannend: Erst läuft ein Video, in dem Kinder im Dingsda-Stil erklären, was sich die Spielzeugentwickler aus Zirndorf einfallen haben lassen. Dann wird das neue Produkt gezeigt: „Sky Trails“ lautet der für einen Kindermund etwas sperrige Name. Übersetzt könnte vielleicht Himmelsstrecken bedeuten. Ähnlich wie bei einer flexiblen Murmelbahn können Kinder mit Schienen, Loopings, Klemmen und Fahrstühlen verschiedene Strecken bauen. Mannshoch, einmal quer durch den Raum. An den Trails lassen sich Playmobil-Figuren befestigen, die dann auf Knopfdruck auf eine wilde Fahrt gehen. „Fast alle Kinder, die das getestet haben, wollten es sofort haben“, sagt Kurter. Getestet worden sei die Neuheit in Deutschland, Frankreich und auch in den USA, wo Playmobil nach eigenen Angaben bislang keinen besonders großen Erfolg hat. Mit „Sky Trails“, das im September europaweit und rechtzeitig für alle Weihnachtswunschzettel auf den Markt kommt, will das Unternehmen seine klassische Zielgruppe erweitern. Die liegt im Moment bei Kindern zwischen vier und acht. Das neue Konzept soll Kinder zwischen sieben und zwölf ansprechen, Buben und Mädchen gleichermaßen. Eine größere Zielgruppe, ein innovatives Spielzeug – damit will Playmobil die Neuausrichtung schaffen. Denn die ist dringend nötig.
Erst vor zwei Wochen hatte Playmobil für Schlagzeilen gesorgt, weil der Betriebsrat geschlossen zurückgetreten war. Das war der vorläufige Höhepunkt mehrerer Auseinandersetzungen zwischen der Geschäftsleitung und der Belegschaft. Mehrfach hatte auch unsere Zeitung über das schlechte Klima in dem Unternehmen berichtet. Seit Firmengründer Horst Brandstätter 2015 gestorben war, wurden Branchenkennern zufolge von seinen Nachfolgern im Management viele Fehler begangen. Auch die Zukunft wurde verschlafen, zu lange ruhte man sich auf alten Erfolgen aus. Das schlug sich auf die Zahlen nieder: Vor einem Jahr gab der Mutterkonzern Horst Brandstätter Group bekannt, nach zwei wirtschaftlich schwierigen Jahren mit Einbußen bei Gewinn und Umsatz 700 Stellen weltweit zu streichen. 2024 sei ein Transformationsjahr gewesen, sagt Kurter am Montag. Zahlen zum laufenden Geschäftsjahr 2024/2025 nannte er nicht. Für das am 1. April beginnende neue Geschäftsjahr sei er „frohen Mutes“. Auch im Umfeld des Konzerns heißt es, dass sich die Stimmung ein wenig gebessert habe – auch wenn der Betriebsratsrücktritt neulich an alte Muster erinnerte.
Jetzt sollen es die „Sky Trails“ richten, Kurter sprach von einem neuen Kapitel in der Firmengeschichte. Zum klassischen Geschäft mit den Figuren sagte er wenig. Man stelle auf der Messe 30 Neuheiten vor. Und man habe die Spielsets „ein bisschen dem Zeitgeist angepasst“.
CARINA ZIMNIOK