Lisa Poettinger bei der Pressekonferenz. In der Hand hält sie einen Bescheid über eine Gefährderansprache durch die Polizei. © Yannick Thedens
München – Die linke Klimaaktivistin und Münchner Lehramtsstudentin Lisa Poettinger will gegen ein drohendes Berufsverbot juristisch vorgehen. Falls ihr das Kultusministerium, wie angedroht, die Zulassung zum Vorbereitungsdienst und damit zum Referendariat am Gymnasium untersage, wolle sie sich „mit geradem Rücken wehren“, kündigte sie am Freitag im DGB-Haus an. Sie wolle nicht in ein anderes Bundesland ausweichen, sagte die 28-Jährige, die aus Murnau stammt und derzeit in einem Waldkindergarten arbeitet. „Das ist meine Heimat.“
Noch liegt der Bescheid nicht vor, wie das Kultusministerium unserer Zeitung bestätigte. „Das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus prüft den Sachverhalt und wird Frau Poettinger anschließend über die Entscheidung informieren“, teilte ein Sprecher mit. „Diese sorgfältige Prüfung wird von uns als Einstellungsbehörde erwartet, da wir eine hohe Verantwortung für die Schülerinnen und Schüler tragen.“
Die konkreten Vorwürfe gehen aus einem 22-seitigen Bescheid des Ministeriums vom November hervor, aus dem am Freitag auszugsweise zitiert wurde. Darin heißt es, „Anlass zu Zweifeln“ an der Eignung Lisa Poettingers als Lehrerin gebe zum einen wegen laufender Strafverfahren gegen sie und zum zweiten wegen „Tätigkeit und Mitgliedschaft in extremistischen Organisationen“.
Die Strafverfahren sind allerdings noch nicht abgeschlossen, betonte Poettingers Anwältin Adelheid Rupp, bekannt auch als frühere SPD-Abgeordnete und (bis 2024) Landeschefin der Linken. Vorgeworfen wird der 28-Jährigen zum Einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei der Demo gegen Kohle-Abbau in Lützerath (NRW), zum Zweiten die Zerstörung eines AfD-Plakats, das sich gegen den Auftritt einer Dragqueen bei einer Lesung für Kinder richtete. Rupp ist der Ansicht, dass das zu erwartende Strafmaß in keinem Fall ausreiche, um ein Berufsverbot zu rechtfertigen. Vorbestraft sei man erst ab einem Strafmaß von über 90 Tagessätzen – das sei in keinem der Fälle zu erwarten.
Poettinger ist zudem Mitglied im „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen“, einer losen Gruppierung linker Klimaaktivisten. Dazu stehe sie auch, betonte die 28-Jährige. Der Protest gegen die Klimakrise sei ihr wichtig. Dass dabei der Kapitalismus kritisiert werde, sei aber nicht verfassungsfeindlich, da Kapitalismus als Wirtschaftssystem „nirgendwo in der Bayerischen Verfassung festgeschrieben“ sei. An ihrer Seite saß bei der Pressekonferenz eine weitere Aktivistin der Gruppe. „Lasst Lisa lehren“, forderte sie. Hingegen bestritt Lisa Poettinger, bei der Gruppe „Smash IAA“ aktiv gewesen zu sein, wiewohl sie gegen die IAA demonstrierte und eine Gefährderansprache durch die Polizei erhielt. Das Ministerium betonte am Freitag gegenüber unserer Zeitung auch, es gehe „um das Engagement in einer linksextremistischen Vereinigung“ – nicht in mehreren, wie es noch im Bescheid vom November hieß.
Unterstützt wird eine etwaige Klage Poettingers von der GEW, wo die angehende Lehrerin ebenso Mitglied ist wie in der Linken. Man sei „schockiert“ über die Androhung des Berufsverbots, betonte eine Sprecherin.
DIRK WALTER